Friedrich Engels – Leben und Werk (Teil 2)

Aus Anlass des 200. Geburtstages von Friedrich Engels erfolgt eine Würdigung des großen Revolutionärs und Begründers des wissenschaftlichen Sozialismus von E.A. Stepanowa, die 1956 in Moskau erschienen ist. Die deutsche Übersetzung erfolgte durch Else Zaisser und wurde 1958 im Dietz-Verlag, Berlin, Hauptstadt der DDR, veröffentlicht. Im 2. Teil, der die Jahre von 1844-1848 behandelt, geht es um das Bündnis mit Marx, die Ausarbeitung der Grundlagen des wissenschaftlichen Kommunismus und den Kampf für die Gründung einer proletarischen Partei.

Ende August 1844 verließ Engels Manchester. Auf dem Weg in die Heimat nahm er in Paris Aufenthalt und besuchte den zu dieser Zeit dort lebenden Karl Marx, mit dem er schon einmal flüchtig in Köln zusammengetroffen war. Der zehntägige gemeinsame Aufenthalt in Paris legte den Grundstein zu der Freundschaft und dem in der Geschichte beispiel­losen Kampfbündnis, das Marx und Engels für das ganze Leben ver­einigte, dem Bund zweier großer Geister, die die Arbeiterklasse mit der revolutionären Theorie, den Grundlagen der Strategie und Taktik aus­gerüstet haben.

Alte Legenden berichten von manchen rührenden Beispielen der Freundschaft. Das europäische Proletariat kann sagen, dass seine Wissenschaft von zwei Gelehr­ten und Kämpfern geschaffen worden ist, deren Verhältnis die rührendsten Sagen der Alten über menschliche Freundschaft in den Schatten stellt.“1

Marx war zweieinhalb Jahre älter als Engels. Er wurde am 5. Mai 1818 in Trier, in der zu Preußen gehörenden Rheinprovinz, geboren, in der auch Engels geboren wurde und aufwuchs. Karl Marx‘ Vater, Heinrich Marx, ein zum Protestantismus konvertierter Jude, war Rechtsanwalt. Nach Beendigung der Schulzeit am Gymnasium in Trier besuchte Marx die juri­stische Fakultät der Bonner und danach der Berliner Universität. An der Universität studierte er nicht nur die Rechte, sondern auch Geschichte und vor allem Philosophie. In Berlin gehörte Marx zum Kreis der linken Hegelianer (Bruno Bauer und andere), dem sich – nach Marx‘ Abreise aus Berlin – auch Engels anschloss.

Nach Absolvierung der Universität im Jahre 1841 beabsichtigte Marx, sich in Bonn als Professor niederzulassen. Allein die reaktionäre Politik der preußischen Regierung, die Ludwig Feuerbach und Bruno Bauer die Abhaltung von Vorlesungen untersagt hatte, brachte Marx zu der Über­zeugung, dass an der Universität für ihn kein Platz war. In dieser Zeit gründeten oppositionelle Bourgeois der Rheinprovinz in Köln die „Rhei­nische Zeitung„. Wie Engels später schrieb, war die oppositionelle Stimmung der Bourgeoisie gegen die Regierung in jener Zeit so stark, dass sie, da sie nicht über genügend fähige Leute verfügte, die sie in der Presse hätten vertreten können, ein Bündnis mit der extremen philosophischen Richtung, das heißt den Junghegelianern, einging2. Marx war zuerst Mit­arbeiter, und dann – seit dem 15. Oktober 1842 – Chefredakteur der „Rheinischen Zeitung„. Auch Engels sandte Artikel an diese Zeitung, zu­erst aus Berlin und später aus Manchester. Auf dem Wege nach Manchester im November 1842 besuchte Engels in Köln die Redaktion der Zeitung; hier fand sein erstes kurzes Zusammentreffen mit Marx statt. Unter Marx‘ Leitung nahm die Zeitung einen immer bestimmteren revolutionär-demokratischen Charakter an. Im Januar 1843 fasste die preußische Regierung den Beschluss, die „Rheinische Zeitung“ ab 1. April 1843 zu verbieten und für die restliche Zeit unter besonders strenge Zensur zu stellen. Daraufhin beabsichtigten die Aktionäre, der Zeitung einen gemäßigteren Ton zu geben und dadurch die Aufhebung des Regierungsbeschlusses zu erreichen, weshalb Marx am 17. März 1843 seinen Austritt aus der Redaktion erklärte.

Marx beschloss, Deutschland zu verlassen, um im Ausland ein Organ für revolutionäre und sozialistische Propaganda herauszugeben. Ende Oktober 1843 siedelte Marx, der sich zu dieser Zeit mit Jenny von Westphalen vermählt hatte, nach Paris über. Dort machte er sich gemeinsam mit Arnold Ruge an die Herausgabe der „Deutsch-Französischen Jahr­bücher„.

In dieser Zeitschrift, die im Februar 1844 erschien, wurden die beiden ersten sozialistischen Artikel von Marx gedruckt. In den „Deutsch-Fran­zösischen Jahrbüchern“ tritt Marx nach den Worten Lenins

…bereits als Revolutionär auf, der die ‚rücksichtslose Kritik alles Bestehenden‘ und im besonderen die ‚Kritik der Waffen‘ verkündet, der an die Massen und an das Proletariat appelliert“.3

Unter den in dieser Zeitschrift veröffentlichten Artikeln befinden sich auch die Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie4 von Engels.

Diese Arbeit gab Marx bei seinen Studien der politischen Ökonomie, mit denen er bereits anlässlich der Abfassung seiner Artikel für die „Rheinische Zeitung“ über die Lage der Bauernschaft begonnen hatte, neue Anregungen. Marx machte sich jetzt an das kritische Studium der bürger­lichen politischen Ökonomie, darunter auch der Schriften der klassischen englischen Ökonomen Adam Smith und David Ricardo. Daneben stu­dierte er die Geschichte der französischen bürgerlichen Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts und des utopischen Sozialismus. Schon wäh­rend des ersten Aufenthalts von Engels in Manchester entspann sich zwischen ihm und Marx ein Briefwechsel, der leider nicht erhalten ist.

Zur Zeit des Zusammentreffens von Marx und Engels in Paris waren beide bereits Kommunisten, die es verstanden, ihre philosophischen An­schauungen radikal zu revidieren, indem sie vom Idealismus zum Materialismus übergingen.

Beim Übergang von Marx und Engels zum Materialismus spielte der deutsche Philosoph Ludwig Feuerbach eine große Rolle. In seinem Buch „Das Wesen des Christenthums“ (1841) wies Feuerbach nach, dass nicht Gott den Menschen, sondern der Mensch Gott nach seinem Ebenbild er­schaffen hat, und dass außer der Natur und den Menschen nichts exi­stiert. Feuerbach verwarf die „absolute Idee“ Hegels, die angeblich der Existenz der Welt vorausging und die Grundlage für die Entwicklung von Natur und Gesellschaft bildete. Nicht der Geist, nicht die Idee, nicht das Denken erzeugt das Sein, sondern umgekehrt, das Sein erzeugt das Denken, wie Feuerbach nachwies.

Marx und Engels, die die Feuerbachsche Philosophie hoch einschätzten, verstanden gleichzeitig, sich kritisch gegen seine Anschauungen einzu­stellen und die Beschränktheit des Feuerbachschen Materialismus, seinen passiv-anschauenden Charakter zu erkennen. Feuerbach dehnte seinen Materialismus nicht auf gesellschaftliche Erscheinungen aus und blieb in der Auffassung des historischen Prozesses Idealist. Marx und Engels gingen weiter als Feuerbach und kamen zu der Schlussfolgerung, dass auch bei der Erklärung der gesellschaftlichen Erscheinungen, beim Studium der Geschichte der menschlichen Gesellschaft konsequent der materialistische Standpunkt zur Anwendung kommen müsse. Im Gegensatz zu Feuer­bach, der die idealistische Dialektik Hegels kurzerhand beiseite schob, machten sich Marx und Engels an ihre kritische Überarbeitung. Die Hegelsche idealistische Dialektik „stand auf dem Kopf„, denn Hegel be­trachtete alles, was in Natur und Geschichte vorging, als Produkt der Entwicklung der Idee, des Begriffs. Die Aufgabe bestand darin, den Grundstein zu einer neuen, materialistischen Dialektik zu legen, den Mate­rialismus und die Dialektik zu einer einheitlichen, geschlossenen und har­monischen wissenschaftlichen Weltanschauung zu vereinigen.

Während Engels‘ zehntägigem Aufenthalt in Paris stellte sich heraus, dass er und Marx auf verschiedenen Wegen zu ein und denselben Er­kenntnissen gelangt waren. Darüber berichtete Engels später:

Ich war in Manchester mit der Nase darauf gestoßen worden, dass die ökono­mischen Tatsachen, die in der bisherigen Geschichtsschreibung gar keine oder nur eine verachtete Rolle spielen, wenigstens in der modernen Welt eine entscheidende geschichtliche Macht sind; dass sie die Grundlage bilden für die Entstehung der heutigen Klassengegensätze; dass diese Klassengegensätze in den Ländern, wo sie vermöge der großen Industrie sich voll entwickelt haben, also namentlich in Eng­land, wieder die Grundlage der politischen Parteibildung, der Parteikämpfe und damit der gesamten politischen Geschichte sind. Marx war nicht nur zu derselben Ansicht gekommen, sondern hatte sie auch schon in den ‚Deutsch-Französischen Jahrbüchern‘ (1844) dahin verallgemeinert, dass überhaupt nicht der Staat die bürgerliche Gesellschaft, sondern die bürgerliche Gesellschaft den Staat bedingt und regelt, dass also die Politik und ihre Geschichte aus den ökonomischen Ver­hältnissen und ihrer Entwicklung zu erklären ist, nicht umgekehrt. Als ich Marx im Sommer 1844 in Paris besuchte, stellte sich unsere vollständige Übereinstim­mung auf allen theoretischen Gebieten heraus, und von da an datiert unsre gemeinsame Arbeit.“5

Den Grundstein der neuen revolutionär-materialistischen Weltan­schauung legten Marx und Engels in ihrem gemeinsamen Werk, das sie während ihres kurzen Zusammenseins in Paris begannen. Engels konnte nur einige Kapitel schreiben; in der Hauptsache wurde dieses große Werk von Marx verfasst. Dieses Werk, das unter dem Titel Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Bruno Bauer und Kon­sorten6 erschien (1845), war gegen die Junghegelianer und gegen die idealistische Hegelsche Philosophie selbst gerichtet. In der „Heiligen Familie“ stellten sich Marx und Engels die Aufgabe, mit jenem Teil der deutschen Intelligenz abzurechnen, der versuchte, sich von der Politik auf das Gebiet des „reinen Philosophierens“ zu begeben, und wie Bruno Bauer in der Rolle unverständlicher „philosophischer Führer“ auf­trat und die „profane“, „verstockte“, „unkritische“ etc. „Masse“ mit Verachtung behandelte. Ihre Verachtung der „Masse“ dehnten diese anarchistischen Philosophen auch auf das Proletariat aus. Marx und Engels, die zu der Erkenntnis gekommen waren, dass das Proletariat die­jenige Klasse ist, deren geschichtliche Mission in der Vernichtung jeglicher Ausbeutung, jeglicher Unterdrückung besteht, hielten es für notwendig, sich von Bruno Bauer und seinesgleichen scharf abzu­grenzen.

Bei ihrer Kritik der idealistischen Anschauungen Bruno Bauers und seiner Gesinnungsgenossen, die der Meinung waren, dass nur auserwählte Personen die Geschichte machen, stellten Marx und Engels in der „Heiligen Familie“ eine der Hauptthesen des historischen Materialismus auf, dass nämlich nicht „Helden“, sondern die Volksmassen die wahren Schöpfer der Geschichte sind. Sie wiesen nach, dass im Laufe der Ge­schichte immer größere Teile der Volksmassen zu bewussten Trägern der historischen Entwicklung werden. Lenin unterstrich die Bedeutung dieses Gedankens und charakterisierte ihn als eine der „tiefgründigsten und wichtigsten Thesen“ des historischen Materialismus. In der „Heiligen Familie“ wurde bereits die fast ausgereifte Ansicht von der weltgeschicht­lichen Befreiungsmission des Proletariats formuliert. Im Gegensatz zu den utopischen Sozialisten, die im Proletariat nur die hilflose, leidende Masse sahen, bewiesen Marx und Engels, dass die Arbeiterklasse schon durch ihre Lage in der kapitalistischen Gesellschaft berufen ist, die revo­lutionäre Umgestaltung der Welt vorzunehmen.

Die Idee von der weltgeschichtlichen Rolle des Proletariats bildete das granitene Fundament, auf dem das harmonische Gebäude des wissen­schaftlichen Kommunismus errichtet wurde.

Das wichtigste in der Marxschen Lehre“, schrieb W.I. Lenin, „ist die Klar­stellung der weltgeschichtlichen Rolle des Proletariats als des Schöpfers der sozia­listischen Gesellschaft.“7

Mit dieser genialen Entdeckung wurde der Sozialismus aus einer Utopie in eine Wissenschaft verwandelt, zum ersten mal auf eine reale Grundlage gestellt und mit dem Schicksal der jungen, wachsenden revolutionären Klasse verbunden.

Nach Barmen zurückgekehrt, teilte Engels Marx mit, in den Jahren seiner Abwesenheit habe sich das Wuppertal sehr verändert, die Indu­strie habe rasende Fortschritte gemacht, und immer neue Schichten der Bevölkerung würden von oppositionellen Stimmungen erfasst.

…kurz, hier bereitet sich ein prächtiger Boden für unser Prinzip vor, und wenn wir erst unsre wilden, heißblütigen Färber und Bleicher in Bewegung setzen können, so sollst Du Dich über das Wuppertal noch wundern.“8

Veränderungen, wie Engels sie im Wuppertal feststellte, gingen auch in anderen Teilen des Landes vor sich. Ebenso wie zuvor in England ver­schärften sich auch in Deutschland die Klassengegensätze immer mehr. Im Juni 1844 kam es zum Aufstand der schlesischen Weber. Dieses Er­wachen des Proletariats, seine ersten Klassenkämpfe gegen die Bourgeoisie machten gewaltigen Eindruck im Lande und gaben der kommunistischen Propaganda neuen Antrieb.

Nach seiner Rückkehr nach Barmen vollendete Engels sein Werk „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ und stürzte sich gleichzeitig in die praktische revolutionäre Arbeit. Er besuchte verschiedene Städte, um zu den dortigen Sozialisten Verbindung aufzunehmen. Engels sprach in Versammlungen, die er gemeinsam mit anderen Sozialisten und Demokraten einberufen hatte. In seinen Reden auf diesen Versammlungen9 wies Engels nach, dass sich unter den Bedingungen des Kapitalismus ein Prozess der Bereicherung einer kleinen Minderheit und der Verarmung der großen Mehrheit der Bevölkerung vollziehe, und hob hierbei hervor,

…dass die unvermeidliche Folge unserer bestehenden sozialen Verhältnisse unter allen Bedingungen und in allen Fällen eine soziale Revolution sein wird“10, durch welche eine „…kommunistische Gesellschaft“ errichtet wird, „wo die Interessen der einzelnen nicht einander entgegengesetzt, sondern vereinigt sind…“11

Einer solchen kommunistischen Gesellschaft wird jeder räuberische Eroberungskrieg fremd sein. Im Falle eines Verteidigungskrieges aber hat jedes Mitglied einer solchen Gesellschaft

…ein wirkliches Vaterland, einen wirklichen Herd zu verteidigen…“, so dass es „…also mit einer Begeisterung, mit einer Ausdauer, mit einer Tapferkeit kämpfen wird, vor der die maschinenmäßige Geschultheit einer modernen Armee wie Spreu auseinanderfliegen muss…“12

Über diese Versammlungen berichtete Engels begeistert an Marx, er freute sich über die Erfolge der kommunistischen Propaganda, und dass er die Möglichkeit hatte,

…vor den wirklichen leibhaftigen Menschen zu stehen und ihnen direkt, sinn­lich, unverhohlen zu predigen…“, anstatt „…dies verfluchte abstrakte Schreibertum … zu treiben.“13

Jedoch Engels‘ Freude über die Erfolge der kommunistischen Propa­ganda und die unmittelbare Verbindung mit den Massen wurde durch die gespannten, zugespitzten Beziehungen getrübt, die sich aus Anlass seiner kommunistischen Reden und durch die Weigerung, sich mit dem „ver­fluchten Schacher“ zu beschäftigen, in seiner Familie entwickelt hatten. Darüber berichtete Engels in einem Brief an Marx vom 17. März 1845 folgendermaßen:

…durch meine Erklärung, den Schacher definitiv dranzugeben … und durch mein offenes Auftreten als Kommunist hat sich nebenbei noch ein glänzender Bourgeoisfanatismus in ihm“ (Engels‘ Vater – E. St.) „entwickelt… Bekomm‘ ich einen Brief, so wird er von allen Seiten beschnüffelt, eh ich ihn erhalte. Da man weiß, dass es all Kommunistenbriefe sind, so wird dabei jedes mal ein gottseliges Jammergesicht aufgesetzt, dass man meint verrückt zu werden. Geh ich aus, das­selbe Gesicht. Sitz ich auf meiner Stube und arbeite, natürlich Kommunismus, das weiß man – dasselbe Gesicht. Ich kann nicht essen, trinken, schlafen, keinen Furz lassen oder dasselbe vermaledeite Kindergottesgesicht steht mir vor der Nase. Ich mag ausgehen oder zuhause bleiben, stillschweigen oder sprechen, lesen oder schreiben, lachen oder nicht, ich mag tun was ich will, gleich setzt mein Alter diese infame Fratze auf.“14

Im Frühjahr 1845 verließ Engels Barmen, da er den Aufenthalt in seinem Elternhaus nicht länger ertragen konnte, und fuhr nach Brüssel, wohin zu dieser Zeit auch Marx übergesiedelt war, da er auf die Forderung der preußischen Regierung hin aus Paris ausgewiesen worden war.

In Erinnerung an das Zusammentreffen mit Marx in Brüssel schrieb Engels später:

Als wir im Frühjahr 1845 in Brüssel wieder zusammenkamen, hatte Marx … schon seine materialistische Geschichtstheorie in den Hauptzügen fertig heraus entwickelt, und wir setzten uns nun daran, die neugewonnene Anschauungsweise nach den verschiedensten Richtungen hin im einzelnen auszuarbeiten.“15

Ihre neugewonnenen Anschauungen legten Marx und Engels in einem großen Werk, der „Deutschen Ideologie“, dar. Dieser Arbeit war es nicht vergönnt, das Licht der Welt zu erblicken: Es fand sich kein Verleger, der darauf eingegangen wäre, es zu veröffentlichen.16

Wir überließen das Manuskript der nagenden Kritik der Mäuse um so williger“, schrieb Marx über diese Arbeit, „als wir unsern Hauptzweck erreicht hatten – Selbstverständigung.“17

In diesem Werk kritisierten Marx und Engels die Anschauungen der Junghegelianer (Bauer, Stirner) und übten Kritik an der Hegelschen Philosophie und der idealistischen Philosophie überhaupt. Obwohl Marx und Engels den Verdiensten Feuerbachs die gebührende Anerkennung zollten, enthüllten sie die Mängel seines metaphysischen, beschränkten, passiv-anschauenden Materialismus. Großer Raum ist in der „Deutschen Ideologie“ der Entlarvung des kleinbürgerlichen sogenannten „wahren Sozialismus“ zugewiesen, dessen Repräsentanten (Karl Grün und andere) gegen den „roh destruktiven Kommunismus“, gegen den Klassenkampf auftraten und die wirkliche historische Bewegung der Arbeiterklasse durch pfäffisches Geschwätz über Liebe, Brüderlichkeit, Gerechtigkeit usw. ersetzten. Dieses sentimental-spießbürgerliche Geschwätz war schäd­lich, da es dem Proletariat die Erkenntnis der unversöhnlichen Wider­sprüche, die zwischen ihm und der Bourgeoisie bestehen, erschwerte. Die „wahren Sozialisten“ traten auch gegen die Teilnahme am Kampf für die Demokratie auf, was unter den Bedingungen des vorrevolutionären Deutschland, wo sich der Kampf gegen die Monarchie und die Feudal­verhältnisse entfaltete, besonders schädlich war.

In der „Deutschen Ideologie“ sind in den Hauptzügen die wichtigsten Thesen des historischen Materialismus, der großen Entdeckung von Marx, formuliert, die eine grundlegende Umwälzung, eine regelrechte Revolution in der gesamten Auffassung der Weltgeschichte bedeutete. Durch diese Entdeckung wurde die Geschichtswissenschaft begründet. Früher herrschte die Vorstellung, dass die Ursache aller in der Geschichte vor sich gehenden Veränderungen in einer Veränderung der Ideen, der philosophischen, religiösen und politischen Anschauungen zu suchen sei. Wie aber die Menschen auf diese oder jene Ideen kamen, was die Ur­sache für die Veränderung ihrer Ansichten war, diese Frage konnte keiner beantworten. Marx stellte fest, dass die Bedingungen des materiellen Lebens der Gesellschaft, die Art und Weise der Produktion materieller Güter die Grundlage der historischen Prozesse bilden. Folglich sind die Grundursachen der historischen Veränderungen, der sozialen Umwäl­zungen nicht in abstrakten Ideen, Theorien und politischen Anschau­ungen zu suchen, sondern in den Bedingungen des materiellen Lebens der Gesellschaft, im gesellschaftlichen Sein, dessen Widerspiegelung diese Ideen, Theorien und politischen Ansichten sind.

In der „Deutschen Ideologie“ wurde zum ersten mal die Idee der ob­jektiv gesetzmäßigen, historisch bedingten Ablösung der sozialökonomi­schen Formationen entwickelt. Mit dem Wachstum der Produktivkräfte wird eine Gesellschaftsordnung durch eine andere abgelöst, so zum Bei­spiel der Feudalismus durch den Kapitalismus. Der Übergang einer sozialökonomischen Formation in eine andere vollzieht sich nicht auto­matisch, ohne Beteiligung der Menschen. Die jeder Klassengesellschaft eigenen unversöhnlichen inneren Widersprüche finden ihren Ausdruck im Klassenkampf, der zur Revolution und zur Ablösung einer Gesell­schaftsordnung durch eine andere führt. Im Gegensatz zu früheren histo­rischen Theorien, die nur hervorragenden Persönlichkeiten eine schöp­ferische Rolle in der Geschichte zuschrieben, wiesen Marx und Engels nach, dass die Volksmassen die wirklichen Schöpfer der Geschichte sind und dass der Kampf der Klassen die Triebkraft des historischen Prozesses ist.

In der „Deutschen Ideologie“ sind eine Reihe von Ausgangsthesen der marxistischen politischen Ökonomie formuliert. Auf Grund einer Ana­lyse der Gesetzmäßigkeiten in der Entwicklung des Kapitalismus be­wiesen Marx und Engels die Unvermeidlichkeit des Untergangs der kapitalistischen Gesellschaft und gaben eine theoretische Begründung für die Notwendigkeit der sozialistischen Revolution. Um die kapitalistische Gesellschaft zu vernichten, schrieben sie, muss das Proletariat wie jede zur Herrschaft strebende Klasse vor allem die politische Macht erobern. In dieser These ist der Keim der marxistischen Lehre von der Diktatur des Proletariats enthalten. Die „Deutsche Ideologie“ enthält auch Skizzie­rungen der künftigen kommunistischen Gesellschaft.

Zum Unterschied von den utopischen Sozialisten war für Marx und Engels der Kommunismus kein phantastischer Traum von einer schönen Zukunft, sondern das objektiv notwendige und historisch begründete Ziel, das durch praktische revolutionäre Mittel zu verwirklichen ist. In ihrer Kritik des passiv-anschauenden Materialismus Feuerbachs unterstrichen Marx und Engels mit allem Nachdruck die unverbrüchliche Einheit von revolutionärer Theorie und revolutionärer Praxis, die aktive, umgestal­tende Rolle der fortgeschrittenen Theorie. Dieser Gedanke ist äußerst klar und konzentriert in den berühmten, 1845 geschriebenen Marxschen Thesen über Feuerbach zum Ausdruck gebracht:

Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt drauf an, sie zu verändern.“18

Die „Deutsche Ideologie“ bildete eine wichtige Etappe in der Heraus­bildung der theoretischen, philosophischen Grundlagen des wissenschaft­lichen Kommunismus – des dialektischen und historischen Materialismus.

Marx und Engels, die als Gegengewicht zur Philosophie Feuerbachs den aktiven, revolutionären Charakter ihrer Lehre unterstrichen, konnten sich nicht darauf beschränken, ihre Anschauungen wissenschaftlich zu begründen und der „Gelehrtenwelt“ darzulegen. Es war notwendig, den wissenschaftlichen Sozialismus mit der revolutionären Arbeiterbewegung zu vereinigen, beides zu einem einheitlichen organischen Ganzen zu ver­binden.

In seinem Werk „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ hat Engels auf die Notwendigkeit der Verbindung des Sozialismus mit der Arbeiterbewegung hingewiesen. Die gleiche Aufgabe unterstrich auch Marx, als er in seinem Artikel „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilo­sophie. Einleitung“ (1843/44) schrieb:

Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muss gestürzt werden durch materielle Gewalt, allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift.“19

Wie die Philosophie im Proletariat ihre materiellen, so findet das Proletariat in der Philosophie seine geistigen Waffen…20

Die Begründer des Marxismus, die in ihrer Theorie eine Waffe zur revolutionären Umgestaltung der Welt sahen und die Notwendigkeit der unverbrüchlichen Einheit von Theorie und revolutionärer Praxis hervorhoben, entfalteten gleichzeitig mit der wissenschaftlichen Begründung ihrer Anschauungen den Kampf für die Vereinigung des Sozialismus mit der Arbeiterbewegung, für die Gründung einer Arbeiterpartei.

Als Marx und Engels die ersten Schritte zur Gründung einer proleta­rischen Partei unternahmen, hatten sie bereits beachtliche Verbindungen zu Gruppen der Intelligenz sowie zum organisierten Proletariat verschie­dener Länder.

Zu jener Zeit herrschten in der sozialistischen Bewegung verschiedene Richtungen des utopischen Sozialismus. So bestand damals unter den deutschen Arbeitern und Handwerkern eine sozialistische Bewegung, die als Zweig des französischen utopischen Kommunismus entstanden war. 1836 schieden die linken Elemente aus dem 1834 in Paris von deutschen Emigranten gegründeten „Bund der Geächteten“ aus und gründeten den hauptsächlich aus Handwerkern bestehenden „Bund der Gerechten“. Der Bund war eng mit der „Societe des Saisons“ (Gesellschaft der Jahreszeiten) verbunden, an deren Spitze der französische Revolutionär Blanqui stand. Nach dem missglückten Aufstand der Blanquisten im Jahre 1839 wurden einige Mitglieder des Bundes der Gerechten verhaftet und aus Frankreich ausgewiesen. Drei von ihnen – Karl Schapper, Heinrich Bauer und Joseph Moll – lernte Engels 1843 in London kennen und nahm später im Jahre 1845 während einer sechswöchigen Reise mit Marx nach England die Verbindung zu ihnen wieder auf. In die Hände dieser Mitglieder des Bundes der Gerechten war die Zeitung des 1840 in London gegründeten Deutschen Arbeiterbildungsvereins übergegangen. Außerdem waren in London mehrere Gemeinden des Bundes der Gerechten gegründet worden. Ebensolche Gemeinden bestanden in Paris, der Schweiz und Deutschland. Seitdem London zum Mittelpunkt der Bewegung geworden war, nahm der Bund internationalen Charakter an. Außer Deutschen traten Skandinavier, Holländer, Ungarn, Tschechen und andere in den Bund ein.

Großen Einfluss besaßen im Bund der Gerechten die kommunistischen Ideen des Schneiders Wilhelm Weitling. Zum Unterschied von dem „friedlichen“ utopischen Sozialismus Samt-Simons, Fouriers und Owens erkannte Weitling den gewaltsamen Weg des Kampfes, die soziale Revo­lution, an. Dennoch blieb auch sein Kommunismus utopisch, denn er hatte weder eine richtige Vorstellung von der zukünftigen Gesellschaft noch von den Wegen, die zu ihr führen, noch von jener gesellschaftlichen Kraft, die diesen Übergang zu verwirklichen vermag. Trotz des utopischen Charakters des Weitlingschen Kommunismus und des religiös christlichen Gewands, in das er gekleidet war, spielte er zu seiner Zeit, wie Engels schrieb, eine nicht geringe Rolle in der Geschichte der deut­schen Arbeiterbewegung „…als erste selbständige theoretische Regung des deutschen Proletariats…“21

Marx und Engels, die sich die Aufgabe gestellt hatten, eine proleta­rische Partei zu organisieren, konnten die unter den deutschen Arbeitern bereits bestehende kommunistische Bewegung trotz ihrer Unreife und all ihrer Schwächen und Fehler nicht ignorieren. Deshalb waren sie bestrebt, zu den Gemeinden des Bundes der Gerechten Verbindung aufzunehmen und seinen Mitgliedern bei der Überwindung der utopischen Anschau­ungen und der Aneignung der wissenschaftlichen Theorie des Proletariats zu helfen.

Zusammen mit ihren Freunden und Gesinnungsgenossen, von denen Wilhelm Wolff bald der ihnen vertrauteste wurde, gründeten Marx und Engels ein Organisationszentrum in Brüssel, das die Verbindung zu den in Deutschland, England, Frankreich und in der Schweiz verstreuten kommunistischen Organisationen der deutschen Arbeiter sowie mit der revolutionären Arbeiterbewegung anderer Länder herstellen sollte.

Das von Marx und Engels gegründete Brüsseler kommunistische Kor­respondenzkomitee trat in Verkehr mit Vertretern der sozialistischen und der Arbeiterbewegung verschiedener Länder.

Mitte 1846 gelang es dem Brüsseler kommunistischen Korrespondenz­komitee, die Verbindung zu dem Londoner Bund der Gerechten und dem Londoner Deutschen Arbeiterbildungsverein, den englischen Chartisten, den deutschen Gemeinden des Bundes der Gerechten in Paris und einzelnen kommunistischen Gruppen in Deutschland (im Wuppertal, in Köln, Schlesien, Norddeutschland usw.) herzustellen.

Bereits in dieser Zeit wurde die Frage der Einberufung eines inter­nationalen kommunistischen Kongresses erwogen. Das Brüsseler Komi­tee hielt jedoch die Periode der Sammlung der Kräfte für noch nicht ab­geschlossen und die Einberufung eines Kongresses für verfrüht. Marx und Engels erkannten, dass der Einberufung des Kongresses, auf dem der Grundstein zu einer Arbeiterpartei gelegt werden sollte, eine gewaltige Vorbereitungsarbeit vorangehen musste: Es mussten nicht nur die ver­streuten kommunistischen Gruppen der deutschen Arbeiter vereinigt, nicht nur engere Verbindungen zu den Organisationen der englischen und französischen Arbeiter geknüpft, es musste zuvor auch eine prin­zipielle theoretische Klarheit in der kommunistischen Bewegung erlangt werden.

Die neue revolutionäre Theorie von Marx und Engels gestaltete sich und bahnte sich ihren Weg zu den Arbeitermassen im Kampf gegen die bürgerliche und kleinbürgerliche Ideologie.

Ein Hindernis bei der Verbreitung der neuen revolutionären Welt­anschauung in den Arbeitermassen war der beschränkte, sektiererische, den politischen Kampf verneinende primitive Gleichheitskommunismus Weitlings. Zu dieser Zeit war Weitling, der sich mit den Mitgliedern des Bundes der Gerechten in London entzweit hatte, nach Brüssel überge­siedelt. Marx und Engels unternahmen nicht geringe Anstrengungen, Weitling auf ihre Seite zu ziehen. Er beharrte jedoch weiter auf seinen Anschauungen und hielt sich für einen großen Mann, der von geheimen Feinden, Rivalen und Neidern verfolgt werde. In einer Sitzung des Brüsseler Korrespondenzkomitees am 30. März 1846 war Marx gezwun­gen, scharf gegen den Weitlingschen Kommunismus sowie den „wahren Sozialismus“ aufzutreten und eine Säuberung der Partei zu fordern. Kurz darauf informierte das Brüsseler Korrespondenzkomitee die mit ihm ver­bundenen kommunistischen Organisationen über seinen endgültigen Bruch mit Weitling.

In einer Reihe teils gedruckter, teils lithographierter Zirkulare unter­zogen Marx und Engels jenes Gemisch von utopischem Sozialismus und deutscher Philosophie, das damals die Lehre des Bundes der Gerechten bildete, einer schonungslosen Kritik. Von diesen Zirkularen ist nur das Zirkular gegen Hermann Kriege, den Redakteur des in New York heraus­gegebenen deutschsprachigen „Volks-Tribun„, erhalten, einen typischen Vertreter des „wahren Sozialismus“. In einer Sitzung des Brüsseler Kor­respondenzkomitees vom 11. Mai 1846 wurde ein Beschluss gefasst, der feststellte, dass die Anschauungen Krieges keine kommunistischen seien und dass der sich für einen Vertreter des deutschen Kommunismus aus­gebende Hermann Kriege die kommunistische Bewegung nur kompro­mittiere. Das Brüsseler Korrespondenzkomitee versandte diesen Beschluss an die mit ihm verbundenen kommunistischen Gruppen und Gemeinden und fügte ihm ein von Marx und Engels verfasstes Rundschreiben bei. In diesem Schreiben bewiesen Marx und Engels die Notwendigkeit, sich von kleinbürgerlichen Elementen wie Hermann Kriege, die die kommu­nistische Bewegung und die Arbeiterpartei demoralisieren, entschieden abzugrenzen. Sie unterzogen die philanthropischen Phantastereien, die Kriege als „Kommunismus“ propagierte, sowie seine kleinbürgerlichen, utopischen Ansichten in der Agrarfrage einer vernichtenden Kritik.22

Die kleinbürgerlichen Einflüsse waren in den verschiedenen Organi­sationen des Bundes, besonders in Paris, noch sehr stark. Deshalb hielt es das Brüsseler Komitee im August 1846 für notwendig, Engels nach Paris zu entsenden. Nach seiner Ankunft in Paris nahm Engels zu den Gemeinden des Bundes der Gerechten Verbindung auf. Es erwies sich, dass in diesen Gemeinden, wie Engels schrieb, „…eine grenzenlose Kon­fusion…herrschte“.23 Dort gab es noch einige Gesinnungsgenossen Weitlings und Anhänger des „wahren Sozialismus“ vom Schlage Karl Grüns, der seinen Hörern den Kopf mit verschwommenen belletristi­schen Phrasen über Liebe und Menschlichkeit sowie mit den Ideen des kleinbürgerlichen französischen Reformators Proudhon verwirrte; seine Anschauungen kritisierte Marx kurz darauf in der in französischer Sprache verfassten Schrift „Das Elend der Philosophie. Antwort auf Proudhons ‚Philosophie des Elends‘“24 (1847). Im Geiste Proudhons propagierte Grün einen Plan zur Organisierung von Arbeitergesellschaften, die mit dem Geld der Arbeiter „Ateliers“ einrichten und auf diese Weise den Fabrikan­ten die Arbeitskräfte wegnehmen sollten. Engels berichtete Marx über diesen „famosen“ Plan, mit den Ersparnissen der Arbeiter „ganz Frank­reich aufzukaufen“, und schrieb:

Dass man gegen solchen barbarischen Unsinn noch pauken muss, ist doch niederträchtig. Aber man muss Geduld haben, und ich lass‘ die Kerls nicht laufen, bis ich den Grün aus dem Felde geschlagen und ihnen die verduselten Schädel geöffnet hab’…“25

In einer Reihe von Versammlungen des Bundes der Gerechten kriti­sierte Engels den Plan von Grün und Proudhon und deckte dessen anti-proletarischen, kleinbürgerlichen, antikommunistischen Charakter auf. In einer dieser Versammlungen schlug Engels vor, im Laufe der Dis­kussion über die Frage abzustimmen, ob die Versammlung kommuni­stisch sei, und definierte die Absichten der Kommunisten folgender­maßen:

l. die Interessen der Proletarier im Gegensatz zu denen der Bourgeois durch­zusetzen; 2. dies durch Aufhebung des Privateigentums und Ersetzung desselben durch die Gütergemeinschaft zu tun; 3. kein andres Mittel zur Durchführung dieser Absichten anzuerkennen als die gewaltsame, demokratische Revolution.“26

Im Ergebnis der stürmischen Diskussionen sprach sich die Versamm­lung mit Majorität für Engels‘ Definition aus; sie erklärte sich damit für kommunistisch und grenzte sich entschieden vom Proudhonismus und „wahren Sozialismus“ ab.

Über diesen Kampf, den Engels für die Prinzipien des Kommunismus führte, schrieb Lenin im Jahre 1913:

So wurde vor 67 Jahren in Paris der Grundstein der sozialdemokratischen Ar­beiterpartei Deutschlands gelegt.“27

Ebensolche Veränderungen gingen auch in anderen Gemeinden des Bundes der Gerechten vor sich. Durch den schonungslosen Kampf von Marx und Engels wurde der Bund von fremden, kleinbürgerlichen „Theo­retikern“ gesäubert, und seine Mitglieder neigten mehr und mehr zu den von Marx und Engels propagierten Anschauungen.

Ein natürliches Ergebnis dieses ganzen Kampfes der Begründer des Marxismus für eine proletarische Partei war die Tatsache, dass Anfang 1847 Joseph Moll, ein Emissär des Londoner Komitees des Bundes der Gerechten, zunächst in Brüssel bei Marx und gleich darauf in Paris bei Engels erschien und sie aufforderte, offiziell in den Bund einzutreten. Moll erklärte, er und seine Genossen hätten sich von der Richtigkeit der Marxschen und Engelsschen Anschauungen überzeugt und bäten sie, diese Anschauungen in Form eines Manifestes zu entwickeln, das als offizielles Programm auf dem Bundeskongress in London zur Debatte ge­stellt werden sollte. Auch bat er sie, bei der Reorganisation des Bundes behilflich zu sein. Marx und Engels gaben dazu ihre Einwilligung.

Anfang Juni 1847 fand in London der 1. Bundeskongress statt. Wegen Geldmangels konnte Marx nicht zum Kongress reisen; von den Pariser Gemeinden nahm Engels und von den Brüsseler Gemeinden Wilhelm Wolff daran teil.

Auf dem Kongress wurde der „Bund der Gerechten“ in „Bund der Kom­munisten“ umbenannt. Der Bund wurde auf der Grundlage neuer Statuten reorganisiert, deren erster, von Engels formulierter Artikel lautete:

Der Zweck des Bundes ist der Sturz der Bourgeoisie, die Herrschaft des Prole­tariats, die Aufhebung der alten, auf Klassengegensätzen beruhenden bürgerlichen Gesellschaft und die Gründung einer neuen Gesellschaft ohne Klassen und ohne Privateigentum.“28

An die Stelle des alten Bundesmottos: „Alle Menschen sind Brüder!“ trat die neue, von Marx und Engels verkündete Losung:

Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

Diese Losung, die das Prinzip des proletarischen Internationalismus zum Ausdruck bringt, ist seitdem zum Schlachtruf der Proletarier in ihrem Kampf gegen die kapitalistische Sklaverei geworden.

Die vom Kongress angenommenen Statuten wurden den Gemeinden zur Diskussion vorgelegt und sollten auf dem 2. Kongress des Bundes der Kommunisten zusammen mit dem neuen kommunistischen Programm endgültig bestätigt werden.

Nach der Beendigung des Kongresses wurde auch in Brüssel eine Ge­meinde des Bundes der Kommunisten organisiert; Präsident dieser Ge­meinde sowie des Kreiskomitees war Marx. Außerdem gründeten Marx und Engels in Brüssel die Deutsche Arbeitergesellschaft, die unter der Leitung der Brüsseler Gemeinde des Bundes der Kommunisten stand. Zu dieser Zeit gewannen sie Einfluss auf die „Deutsche-Brüsseler-Zeitung“, in der sie ihre Anschauungen propagieren konnten. In ihren Artikeln in der „Deutschen-Brüsseler-Zeitung“ wiesen Marx und Engels auf die in einer Reihe von europäischen Ländern herannahende Revolution hin und legten die Strategie und Taktik des Proletariats in dieser Revolution fest. Sie traten sowohl gegen das Kokettieren der feudalen, reaktionären Par­teien mit dem Proletariat als auch gegen die Versuche der Bourgeoisie auf, das Proletariat in ihr Anhängsel, in ein gehorsames Werkzeug im Kampf gegen die absolute Monarchie zu verwandeln. Marx und Engels appel­lierten an die Arbeiter, auf das aktivste an den kommenden revolutionären Kämpfen teilzunehmen, und betonten, die bürgerliche Revolution sei nicht das Endziel des Kampfes des Proletariats, nach dem Siege dieser Revolution müsse die Arbeiterklasse den Kampf für die sozialistische Revolution entfalten.

Außer an der „Deutschen-Brüsseler-Zeitung“ arbeitete Engels an dem Chartistenorgan „The Northern Star“ und der französischen demokrati­schen Zeitung „La Reforme“ mit.

Marx und Engels nahmen außer an der Organisierung der Brüsseler Gemeinde des Bundes der Kommunisten und der Deutschen Arbeiter­gesellschaft auch an der Gründung einer breiteren Organisation, der Association democratique (Demokratischen Assoziation), teil und traten da­durch in ein eigenartiges Bündnis mit den Brüsseler Demokraten und demokratischen Emigranten aus anderen Ländern. Schon während ihrer Reise nach England im Jahre 1845 hatten Marx und Engels zusammen mit den Chartisten und den revolutionären Emigranten verschiedener Länder Schritte zur Gründung der internationalen Gesellschaft Fraternal Democrats (Brüderliche Demokraten) unternommen. Die Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus hielten es für die Pflicht des Proleta­riats, jede fortschrittliche, demokratische Bewegung zu unterstützen.

Mitte Oktober 1847 reiste Engels abermals nach Paris. Eine große Vor­bereitungsarbeit für den 2. Kongress des Bundes der Kommunisten, auf dem das Programm zur Diskussion gestellt werden sollte, musste entfaltet werden.

Das Londoner Komitee sandte den Bundesgemeinden den von Schapper und Moll verfassten Programmentwurf. Wie es damals bei der Ab­fassung der verschiedenen für die Arbeiter bestimmten Programmdoku­mente allgemein üblich war, nannten sie dieses Programm „Glaubens­bekenntnis“, „Katechismus“.

In den Pariser Gemeinden wurde dieser Entwurf in einer von Moses Heß abgeänderten Form zur Diskussion gestellt. Engels aber unterzog ihn einer so vernichtenden Kritik, dass am Ende der Sitzung Engels be­auftragt wurde, einen neuen Entwurf auszuarbeiten.

Am 23./24. November teilte Engels Marx mit, er habe einen Entwurf dieses Programms aufgesetzt und schlage vor, es statt „Katechismus“ „Kommunistisches Manifest“ zu nennen.

Überleg Dir doch das Glaubensbekenntnis etwas“, schrieb Engels an Marx. „Ich glaube, wir tun am besten, wir lassen die Katechismusform weg und titu­lieren das Ding: Kommunistisches Manifest. Da darin mehr oder weniger Ge­schichte erzählt werden muss, passt die bisherige Form gar nicht. Ich bringe das Hiesige mit, das ich gemacht habe, es ist einfach erzählend, aber miserabel redi­giert, in fürchterlicher Eile. Ich fange an: Was ist der Kommunismus? und dann gleich das Proletariat – Entstehungsgeschichte, Unterschied von früheren Arbeitern, Entwicklung des Gegensatzes des Proletariats und der Bourgeoisie, Krisen, Folge­rungen. Dazwischen allerlei Nebensachen und schließlich die Parteipolitik der Kommunisten, soweit sie vors Publikum gehört.29

So verfasste Engels den ersten Entwurf des „Kommunistischen Manifests“, der unter dem Namen „Grundsätze des Kommunismus30 bekannt ist.

Eine der Fragen, die Engels in dieser Arbeit untersuchte, war die Frage nach der Möglichkeit des Sieges der sozialistischen Revolution in einem Lande. Ausgehend von den Bedingungen des Kapitalismus der freien Konkurrenz, kam Engels zu der Schlussfolgerung, dass die sozialistische Revolution in einem Lande nicht siegen könne, dass sie gleichzeitig in allen zivilisierten Ländern vor sich gehen werde. Lenin, der den Marxismus unter neuen historischen Bedingungen entwickelte, überprüfte, ausgehend von dem von ihm entdeckten Gesetz der äußerst ungleichmäßigen, sprung­haften ökonomischen und politischen Entwicklung des Kapitalismus in der Epoche des Imperialismus, die Engelssche Formulierung und kam zu der Schlussfolgerung, dass unter den Bedingungen des Imperialismus der Sieg des Sozialismus zunächst in einigen Ländern oder sogar in einem einzelnen Lande möglich und dass ein gleichzeitiger Sieg der sozialisti­schen Revolution in allen Ländern oder in den meisten Ländern un­möglich sei.

Der 2. Kongress des Bundes der Kommunisten fand im November bis Dezember 1847 in London statt. Engels nahm als Vertreter der Pariser Bundesgemeinden, Marx als Vertreter der Brüsseler Bundesgemeinden daran teil.

Im Ergebnis der stürmischen und langen Debatten, in denen Marx und Engels die neue Theorie verfochten, wurden die von ihnen vertretenen Grundsätze einmütig gebilligt, und sie wurden beauftragt, das „Manifest“ abzufassen.

Ihren Aufenthalt in London benutzten Marx und Engels, um die Ver­bindungen zu den kommunistischen Arbeitern und zu den Demokraten der verschiedenen Länder zu erweitern. Sie nahmen an einem internatio­nalen demokratischen Meeting zu Ehren des Jahrestages des polnischen Aufstandes von 1830 teil. Auf diesem Meeting skizzierten Marx und Engels in ihren Reden die Hauptlinien der Politik des Proletariats in der nationalen Frage. So stellte Engels in seiner Rede eine These auf, die später zum Leitprinzip für das Proletariat in der nationalen Frage wurde:

Eine Nation kann nicht frei werden und zugleich fortfahren, andre Nationen zu unterdrücken.“31

Mitte Dezember 1847 fuhren Marx und Engels von London nach Brüssel. Kurz darauf begab sich Engels wieder nach Paris, während Marx sich mit der endgültigen Formulierung des „Manifests der Kommunisti­schen Partei“ befasste.

Im Februar 1848 erschien in London das „Manifest der Kommunisti­schen Partei“. Dieses erste programmatische Dokument des wissenschaft­lichen Kommunismus wurde in der Folgezeit, wie Engels schrieb,

…das weitest verbreitete, internationalste Werk der ganzen sozialistischen Lite­ratur, ein gemeinsames Programm, das von Millionen Arbeitern von Sibirien bis Kalifornien anerkannt wird.“32

Im „Manifest der Kommunistischen Partei“ wurde zum ersten mal in kurzer und knapper Form die revolutionäre Theorie des Proletariats – der wissenschaftliche Kommunismus – dargestellt.

Mit genialer Klarheit und Ausdruckskraft“, schrieb W.I. Lenin, „ist in diesem Werk die neue Weltanschauung dargestellt: der konsequente, auch das Gebiet des gesellschaftlichen Lebens umfassende Materialismus, die Dialektik als umfassend­ste und tiefste Lehre von der Entwicklung, die Theorie des Klassenkampfes und der welthistorischen revolutionären Rolle des Proletariats, des Schöpfers der neuen, der kommunistischen Gesellschaft.“33

Im „Manifest“ gaben sie die wissenschaftliche Begründung des ge­schichtlich unvermeidlichen Untergangs des Kapitalismus und seiner Ab­lösung durch eine neue, die klassenlose Gesellschaft im Ergebnis der proletarischen Revolution und der Errichtung der politischen Herrschaft des Proletariats.

Sie wiesen im „Manifest“ nach, dass die Geschichte der Menschheit (nach der Auflösung der Urgemeinschaft) eine Geschichte des Klassen­kampfes zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, zwischen herrschen­den und unterdrückten Klassen war. Die an die Stelle der Feudalgesell­schaft getretene kapitalistische Gesellschaft ersetzte nur die alten Klassen durch neue, verschärfte die Klassengegensätze und spitzte sie zu. Im Gegensatz zu den bürgerlichen Ideologen, die die Theorie von dem „über den Klassen stehenden Staat“ verbreiten, wiesen Marx und Engels im „Manifest“ nach, dass die Staatsmacht in der kapitalistischen Gesell­schaft nichts anderes ist als

…ein Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeois­klasse verwaltet.“34

Marx und Engels zeigten im „Manifest“, dass das Privateigentum an den Produktionsmitteln zu einer Fessel für die sich entwickelnden Produktiv­kräfte wird. Immer mehr verschärft sich der Hauptwiderspruch des Kapitalismus – der Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und der privatkapitalistischen Weise der Aneignung der Produktionsergebnisse. Die Widersprüche des Kapitalismus treten wäh­rend der Krisen, die periodisch die kapitalistische Gesellschaft erschüttern, krass in Erscheinung. Die Bourgeoisie versucht, die Krisen durch Ver­nichtung der von den Werktätigen erzeugten Produkte, durch die Eroberung neuer Märkte und durch Eroberungskriege, die der Menschheit unermessliches Elend bringen, zu überwinden. Doch durch alle diese Maßnahmen, heißt es im „Manifest“, bereitet die Bourgeoisie nur noch vernichtendere Krisen in der Zukunft vor. Die Bourgeoisie, die das Pri­vateigentum an den Produktionsmitteln verteidigt, verwandelt sich aus einer einst progressiven Klasse in eine immer reaktionärere Klasse, in ein Hindernis auf dem Wege der Menschheit zu einer höheren Gesellschafts­ordnung – dem Kommunismus.

Die Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus wiesen im „Manifest“ den Weg der radikalen Befreiung der werktätigen Menschheit von der unermesslichen Not und den unermesslichen Leiden, die der Kapitalis­mus mit sich bringt. Dieser Weg ist die sozialistische Revolution und die Eroberung der politischen Herrschaft durch das Proletariat.

Der Kapitalismus schafft im Laufe seiner Entwicklung die materiellen Voraussetzungen für die zukünftige, die kommunistische Gesellschaft und in Gestalt des Proletariats die Klasse, die der Totengräber des Kapitalis­mus und der Schöpfer der neuen Gesellschaft sein wird. Das Proletariat, die konsequent revolutionäre Klasse, kann sich nicht selbst befreien, ohne auch die ganze Menschheit von jeglicher Ausbeutung, jeglicher Unter­drückung zu befreien.

Sie“, die Bourgeoisie, heißt es im „Manifest“, „…produziert vor allem ihre eigenen Totengräber. Ihr Untergang und der Sieg des Proletariats sind gleich un­vermeidlich.35

Im „Manifest“ wurde die These von der führenden Rolle der kommu­nistischen Partei als Vorbedingung des erfolgreichen Kampfes und der Siege des Proletariats aufgestellt. Die Kommunisten, erklärten Marx und Engels, seien der entschiedenste, fortgeschrittenste Teil der Arbeiterklasse; sie haben vor den übrigen Arbeitern voraus, dass sie mit der revo­lutionären Theorie ausgerüstet sind, die es ihnen ermöglicht, die Bedin­gungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Be­wegung zu verstehen. Die Kommunisten verteidigen die allgemeinen Interessen der Arbeiter unabhängig von deren Nationalität. Sie sind die Verfechter des konsequenten proletarischen Internationalismus. Auf allen Etappen des Kampfes der Arbeiterklasse gehen die Kommunisten von den allgemeinen, grundlegenden Interessen des Proletariats, von der Aufgabe der Abschaffung jeglicher Unterdrückung, jeglicher Ausbeutung aus. Diese im „Manifest“ formulierten Gedanken wurden später von Lenin zu der festumrissenen Lehre von der proletarischen Partei als der Haupt­waffe der Arbeiterklasse in ihrem Kampf für den Sozialismus und Kom­munismus entwickelt.

Marx und Engels entlarvten die Verleumdung und die Lüge, die die Bourgeoisie über die Anschauungen und Absichten der Kommunisten verbreitete, und formulierten im „Manifest“ die wahren Ziele der prole­tarischen Partei: Sturz der Herrschaft der Bourgeoisie und Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat.

Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d.h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren.“36

In dieser These des „Manifests“ ist die Formulierung einer der her­vorragendsten Ideen des Marxismus in Bezug auf die Frage des Staates enthalten:

Der Staat, d. h. das als herrschende Klasse organisierte Proletariat“, schrieb Lenin, „das ist die Diktatur des Proletariats.“37

Die Lehre von der Diktatur des Proletariats ist das Wichtigste im Mar­xismus.

Das „Manifest“ enthält eine eingehende theoretische Begründung des von Marx und Engels verkündeten Prinzips des proletarischen Inter­nationalismus. Die Herrschaft des Proletariats, so wiesen Marx und Engels nach, wird der nationalen Unterdrückung ein Ende bereiten und die Menschheit von den räuberischen Eroberungskriegen befreien.

In dem Maße, wie die Exploitation des einen Individuums durch das andere aufgehoben wird, wird die Exploitation einer Nation durch die andere aufgehoben. Mit dem Gegensatz der Klassen im Innern der Nationen fällt die feindliche Stellung der Nationen gegeneinander.“38

Die Kraft ihrer wissenschaftlichen Voraussicht zeigte sich deutlich darin, dass sie im „Manifest“ die allgemeinen Umrisse der zukünftigen, kommunistischen Gesellschaft aufzeigten und die unermessliche Überlegenheit der Gesellschaftsordnung, die durch das Proletariat geschaffen werden wird, nachweisen konnten. Marx und Engels zeigten, dass es in einer kommunistischen Gesellschaft keine Hindernisse und folglich auch keine Grenze für die Entwicklung der Produktivkräfte geben wird. Im Gegensatz zur kapitalistischen Gesellschaft, wo der Grundsatz herrscht:

Wer arbeitet, der erwirbt nichts, und wer erwirbt, der arbeitet nicht“39

wird in der kommunistischen Gesellschaft die Arbeit ein Mittel sein, wodurch das Leben der Werktätigen reicher und leichter wird.

Im „Manifest“ kritisierten Marx und Engels außerdem die zu jener Zeit bestehenden verschiedenen sozialistischen Strömungen, die ein Hindernis für die Verbreitung der Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus unter dem Proletariat und für die Schaffung einer proletarischen Partei bildeten. Marx und Engels erklärten die Fehlerhaftigkeit und Schädlichkeit dieser Lehren und enthüllten ihre Klassenwurzeln. Die im „Manifest der Kom­munistischen Partei“ gegebene Analyse der sozialistischen und kommu­nistischen Literatur zeigt, dass nur der wissenschaftliche Kommunismus, die revolutionäre Theorie des Proletariats, diejenige sozialistische Lehre ist, der die Zukunft gehört.

Das „Manifest der Kommunistischen Partei“ enthält nicht nur ein wissenschaftlich begründetes Programm, sondern legt auch die theo­retischen Grundlagen der Taktik der proletarischen Partei dar. Das Hauptprinzip dieser Taktik ist im „Manifest“ folgendermaßen for­muliert:

Sie“ (die Kommunisten – E. St.) „kämpfen für die Erreichung der unmittel­bar vorliegenden Zwecke und Interessen der Arbeiterklasse, aber sie vertreten in der gegenwärtigen Bewegung zugleich die Zukunft der Bewegung.“40

Das heißt, auf allen Etappen des Kampfes des Proletariats dürfen die Kommunisten nicht einen Augenblick die grundlegende Aufgabe der Arbeiterklasse aus dem Auge lassen – die Abschaffung der Lohn­sklaverei.

Marx und Engels lehrten die Kommunisten, jede fortschrittliche revo­lutionäre Bewegung zu unterstützen, die gegen die reaktionäre soziale und politische Ordnung gerichtet ist. Marx und Engels, die das Verhältnis der Kommunisten zu den verschiedenen Oppositionsparteien in den ver­schiedenen Ländern charakterisierten, befassten sich besonders eingehend mit Deutschland, wo die bürgerlich-demokratische Revolution heran­reifte. Das „Manifest“ stellte der Arbeiterklasse Deutschlands und ihrer Partei die Aufgabe des revolutionären Kampfes gegen die absolute Mon­archie und den feudalen Großgrundbesitz. Auf dieser Etappe kämpft das Proletariat zusammen mit der Bourgeoisie, insofern diese revolutionär gegen Absolutismus und Feudalismus auftritt. Gleichzeitig muss die kommunistische Partei in den Reihen der Arbeiter die klare Erkenntnis von der Gegensätzlichkeit der Interessen des Proletariats und der Bour­geoisie herausarbeiten, da nach dem Sturz der reaktionären Klassen und der Machtergreifung der Bourgeoisie der Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie selbst entfaltet werden muss.

Das „Manifest der Kommunistischen Partei“ schloss mit dem stolzen und offenen Aufruf zur proletarischen Revolution:

Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.

Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“41

Das „Manifest der Kommunistischen Partei“, das unsterbliche Werk von Marx und Engels, ist von hoher schöpferischer Begeisterung und ge­waltiger revolutionärer Leidenschaft durchdrungen. Das „Manifest“ bil­dete nicht nur die Verallgemeinerung der gesamten vorangegangenen schöpferischen Arbeit von Marx und Engels, sondern war auch ein neuer gigantischer Schritt vorwärts bei der Ausarbeitung des wissenschaft­lichen Kommunismus, des Marxismus.

Engels hob wiederholt hervor, dass die wirklich wissenschaftliche revo­lutionäre Theorie des Proletariats, die größte Entdeckung des 19. Jahrhunderts, in erster Linie Marx‘ Werk war und deshalb mit Recht seinen Namen trägt. So schrieb Engels an der Neige seines Lebens in seinem Werk „Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie“ über die Rolle von Marx und seinen eigenen Anteil an der Ausarbeitung des wissenschaftlichen Kommunismus:

Dass ich vor und während meinem vierzigjährigen Zusammenwirken mit Marx sowohl an der Begründung wie namentlich an der Ausarbeitung der Theorie einen gewissen selbständigen Anteil hatte, kann ich selbst nicht leugnen. Aber der größte Teil der leitenden Grundgedanken, besonders auf ökonomischem und geschicht­lichem Gebiet, und speziell ihre schließliche scharfe Fassung, gehört Marx. Was ich beigetragen, das konnte – allenfalls ein paar Spezialfächer ausgenommen – Marx auch wohl ohne mich fertigbringen. Was Marx geleistet, hätte ich nicht fer­tiggebracht. Marx stand höher, sah weiter, überblickte mehr und rascher als wir andern alle. Marx war ein Genie, wir andern höchstens Talente. Ohne ihn wäre die Theorie heute bei weitem nicht das, was sie ist. Sie trägt daher auch mit Recht seinen Namen.“42

Die theoretischen Quellen des Marxismus waren die Lehren hervor­ragendster Vertreter der Philosophie, der politischen Ökonomie und des Sozialismus. Marx‘ Genialität bestand darin, dass er alles Wertvolle aus den Leistungen seiner wissenschaftlichen Vorgänger kritisch verarbeitet und eine in sich geschlossene Weltanschauung geschaffen hat, die auf Fragen Antwort gab, die das menschliche Denken bereits gestellt hatte. Über die große wissenschaftliche Tat von Marx schrieb Lenin:

Alles, was von der menschlichen Gesellschaft geschaffen worden war, hat er kritisch verarbeitet und nicht einen Punkt unbeachtet gelassen. Alles, was das menschliche Denken geschaffen hatte, hat er umgearbeitet, der Kritik unterworfen, an der Arbeiterbewegung überprüft und dann jene Schlussfolgerungen gezogen, die die durch die bürgerlichen Rahmen beschränkten oder an die bürgerlichen Vorurteile gefesselten Menschen nicht zu ziehen vermochten.“43

Als rechtmäßige Nachfolgerin des Besten, was die Wissenschaft ge­schaffen hatte, bedeutete die Marxsche Lehre eine grundlegende Wen­dung, eine wahre Revolution in der Philosophie, in der politischen Öko­nomie und in der Entwicklung des sozialistischen Denkens.

Zum Unterschied von den früheren Denkern, die nicht mit den Volksmassen verbunden waren, sind Marx und Engels nicht nur geniale Wissenschaftler, sondern auch große Revolutionäre und Führer des Proletariats. Mit der Entstehung des Marxismus wurden zum ersten mal die Voraussetzungen für die Vereinigung des Sozialismus mit der Arbeiter­bewegung geschaffen.

Die Lehre von Marx ist die Ideologie, der wissenschaftliche Ausdruck der ureigensten Interessen des Proletariats. Sie bildet die ideologische Waffe der Arbeiterklasse in ihrem Kampf für die Befreiung von der kapitalistischen Sklaverei.

Die erste geschichtliche Prüfung des Marxismus waren die revolutio­nären Ereignisse von 1848 bis 1849.

Anmerkungen:

1W.I. Lenin: Friedrich Engels. In: Marx/Engels/Lenin/Stalin: Zur deutschen Ge­schichte, Bd. II, 2. Hbd., Berlin 1954, S. 1200/1201.

2Vgl. Marx/Engels/Lenin/Stalin: Zur deutschen Geschichte, Bd. II l. Hbd., Dietz Verlag, Berlin 1954, S. 368.

3W. I. Lenin: Marx – Engels – Marxismus, Dietz Verlag, Berlin 1957.

4Marx/Engels: Werke, Bd. l, Berlin 1957, S.499-524.

5Karl Marx und Friedrich Engels: Ausgewählte Schriften in zwei Bänden, Bd. II, Dietz Verlag, Berlin 1958, S.319/320.

6Marx/Engels: Werke, Bd. 2, Berlin 1957, S.3-223.

7W.I. Lenin: Ausgewählte Werke in zwei Bänden, Bd. I, Berlin 1955, S.69.

8Karl Marx/Friedrich Engels: Briefwechsel, I. Bd.: 1844-1853, Dietz Verlag, Ber­lin 1949, S. 4/5.

9Siehe Marx/Engels: Werke, Bd.2, Berlin 1957, S.536-557.

10Ebenda, S. 554/555.

11Ebenda, S. 539.

12Ebenda, S.543.

13Marx/Engels: Briefwechsel, I. Bd.: 1844-1853, Berlin 1949, S.4/5.

14Ebenda, S. 25.

15Marx/Engels: Ausgewählte Schriften in zwei Bänden, Bd. II, Berlin 1958, S.320.

16Zu Lebzeiten von Marx und Engels wurde nur das vierte Kapitel des zweiten Bandes der „Deutschen Ideologie“ veröffentlicht. Nach dem Tode von Engels verblieb das Manuskript der „Deutschen Ideologie“ in Händen der opportunistischen Führer der deutschen Sozialdemokratie, die es lange Zeit hindurch der Öffentlichkeit vor­enthielten. Das gesamte Werk wurde so, wie es uns erhalten geblieben ist, vom Marx-Engels-Lenin-Institut, Moskau, erstmalig 1932 in deutscher, 1933 in russischer Sprache unter dem von den Herausgebern gewählten Titel veröffentlicht.

17Marx/Engels: Ausgewählte Schriften in zwei Bänden, Bd. I, Berlin 1958, S.339.

18Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Bd.3, Dietz Verlag, Berlin 1958, S.7.

19Marx/Engels: Werke, Bd. l, Berlin 1957, S.385.

20Ebenda, S.391.

21Marx/Engels: Ausgewählte Schriften in zwei Bänden, Bd. II, Berlin 1958, S.317.

22Siehe Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Bd. 4, Dietz Verlag, Berlin 1958, S. 3-17.

23Marx/ Engels: Ausgewählte Briefe, Berlin 1953, S.29.

24Karl Marx: Das Elend der Philosophie, Antwort auf Proudhons „Philosophie des Elends“, Dietz Verlag, Berlin 1952.

25Marx/Engels: Ausgewählte Briefe, Berlin 1953, S.26.

26Marx/Engels: Ausgewählte Briefe, Berlin 1953, S. 28.

27W. I. Lenin: Marx – Engels – Marxismus, Berlin 1957, S.63.

28Marx/Engels: Ausgewählte Schriften in zwei Bänden, Bd. II, Berlin 1958, S.323.

29Marx/Engels: Ausgewählte Briefe, Berlin 1953, S. 55/56.

30Friedrich Engels: Grundsätze des Kommunismus, Dietz Verlag, Berlin 1955.

31Marx/Engels/Lenin/Stalin: Zur deutschen Geschichte, Bd. II, l. Hbd., Berlin 1954, S.l62.

32Karl Marx/Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Dietz Verlag, Berlin 1957, S. XXII.

33W.I. Lenin: Marx – Engels – Marxismus, Berlin 1957, S.7.

34Marx/Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Berlin 1957, S.9.

35Karl Marx/Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Berlin 1957, S.22.

36Karl Marx/Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Berlin 1957, S.32.

37Leninski Sbornik, Bd. XIV, Moskau-Leningrad 1930, S. 282 (russ.).

38Karl Marx/Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Berlin 1957, S.30.

39Ebenda, S.27.

40Ebenda, S.48.

41Karl Marx/Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Berlin 1957, S. 50.

42Marx/Engels: Ausgewählte Schriften in zwei Bänden, Bd. II, Berlin 1958, S.359.

43W.I. Lenin: Ausgewählte Werke in zwei Bänden, Bd. II, Berlin 1955, S.784.