Friedrich Engels – der General

Vor 126 Jahren, am 5. August 1895, starb Friedrich Engels – ein Philosoph und Revolutionär, Freund und Mitautor von Karl Marx, der mit ihm die Theorie des wissenschaftlichen Kommunismus begründete. Friedrich Engels war einer der größte Denker und Universal-Wissenschaftler seiner Zeit und trug nicht nur wegen seiner profunden Kenntnisse auf militärischem Gebiet – sowohl praktisch, als auch theoretisch – den Beinamen „der General“, was sich jedoch nicht allein auf seine militärischen Kenntnisse bezog, sondern auch auf seine Rolle bei der Führung der sozialistischen Internationale, die gemeinsam mit Karl Marx von ihm ins Leben gerufen worden war.

Am 19. Juni 1851 schrieb Engels seinem Freund Weydemeyer, einem ehemaligen preußischen Artillerieoffizier, einen Brief, in dem er um Literatur zu militärischen Fragestellungen bat. In diesem Schreiben erklärte er zunächst sein Interesse am Gegenstand: „Ich habe, seit ich hier in Manchester bin, angefangen, Militaria zu ochsen … Die enorme Wichtigkeit, die die partie militaire bei der nächsten Bewegung bekommen muss, eine alte Inklination, … schließlich meine glorreichen Abenteuer in Baden, alles das hat mich darauf geworfen, und ich will es wenigstens so weit … bringen, dass ich theoretisch einigermaßen mitsprechen kann, ohne mich zu sehr zu blamieren.“

Friedrich Engels – 1840

Engels las „Vom Kriege“ des Carl von Clausewitz und war angetan. Vermutlich kam ihm dessen Art zu denken vertraut vor. Lässt sich doch bei dem preußischen Kriegsdenker die dialektische Methode Hegels wiedererkennen. Bei Hegel ging es um eine Dialektik der Denkvorgänge und der sich entwickelnden Begrifflichkeit. Doch schien von Clausewitz diese Ebene zumindest tendenziell zu verlassen, wenn er Begriffe, hinter denen sehr reale Konstrukte stehen, in einem dialektischen Verhältnis sah. Man denke an den von ihm postulierten Umschlag der Verteidigung in den Angriff. Die Dialektik vom Kopf auf die Füße gestellt? Ganz nach dem Geschmack eines Mannes, der sich als geistigen Wahlverwandten des Karl Marx sah!

Engels war bei der Informationssuche über das Kriegswesen unermüdlich: Seine Expertise wuchs und resultierte in einer umfangreichen Publikationstätigkeit. Marx hatte in den militärischen Sachverstand Friedrich Engels’ volles Vertrauen. Auch er widmete den bewaffneten Konflikten seiner Zeit große Aufmerksamkeit. Passagen seiner Texte, die auf solche Auseinandersetzungen eingingen, ließ er gern von Engels schreiben.

Gierig sog dieser die Informationen auf, die er mit den Nachrichtenmitteln seiner Zeit über die damaligen Kriege in der Welt erhaschen konnte: über den Krimkrieg, die italienischen Einigungskriege, den Sepoy-Aufstand gegen die Engländer in Indien, den amerikanischen Bürgerkrieg oder auch den deutsch-französischen Krieg mit seinen Nachwehen innerhalb Frankreichs.

Er widmete sich dem Militärischen in seiner ganzen Breite: auf der gesamtstrategischen Ebene, im Hinblick auf operativ-strategische Vorgänge sowie auch Entwicklungen von Taktik und Technik betreffend.

Auch die Veränderungen in den Beziehungen zwischen Technik und Taktik aufgrund des technischen Fortschritts untersuchte Engels: etwa die Folgen des Übergangs vom Vorderlader- zum Hinterladerprinzip bei den Infanteriegewehren. Seine Einschätzung: Wegen erhöhter Feuergeschwindigkeit der Verteidiger sei der frontale Sturmangriff fortan unsinnig.

Ebenso widmete er sich einem Lieblingsmittel der Revolutionäre seiner Zeit: der Barrikade (für die Verwendung im Straßenkampf). Wegen der gesteigerten Schlagkraft regulärer Truppen, des Zerstörungspotentials ihrer Waffen, hielt er die Barrikade für antiquiert, als Mittel des Aufstands nur noch ausnahmsweise einzusetzen – und im Übrigen auch für zu statisch. Er sah die Revolutionäre der Zukunft in dynamischer Aktion: professionell geführt, besser gerüstet als anno dunnemals und den Truppen der Herrschenden immer einen Schritt voraus.

Friedrich Engels, „Der General“

Mit einer anderen Form der unkonventionellen Kriegführung hat sich Engels gleichfalls befasst: dem Guerillakrieg, damals oft auch „Volkskrieg“ genannt. Er stellte sich die Frage, wie ein Land gegenüber einem an regulären Truppen überlegenen Invasoren erfolgreich zu verteidigen wäre. Seine Lösung bestand in der Entwicklung einer Guerilla zur Unterstützung der eigenen Heereskräfte. Auf diese Weise ließe sich die Schwäche der regulären Truppen auf der Seite des Angegriffenen kompensieren. Sowohl der antifaschistische Partisanenkrieg in Europa, als auch die revolutionären antiimperialistischen und antikolonialen Befreiungskriege des 20. Jahrhunderts, insbesondere in Asien, Afrika und Lateinamerika, sollten die Einschätzung von Friedrich Engels über diese Kampfform eindrucksvoll bestätigen.

Friedrich Engels war aber nicht nur Philosoph, Ökonom, Historiker, Natur- und Militärexperte, Schriftsteller und Linguist, sondern auch ein hervorragender Organisator, ohne den die internationale Arbeiterbewegung wohl kaum diesen hohen Grad an Organisiertheit erlangt hätte, vor dem die Bourgeoisie weltweit erzitterte. Mitverfasser des Kommunistischen Manifests widmete Engels sein ganzes bewusstes Leben der politischen Entwicklung des internationalen Proletariats. Er beteiligte sich an der Gründung und den Aktivitäten der „Union der Kommunisten“, der Ersten und Zweiten Internationale. Engels ist Autor vieler wichtiger marxistischer Werke, darunter „Dialektik der Natur„, „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates„, „Anti-Dühring“ und „Ludwig Feuerbach und das Ende der klassischen deutschen Philosophie„, u.v.a…

Nach seinem Freund Karl Marx war Engels der bemerkenswerteste Wissenschaftler und Lehrer des modernen Proletariats in der gesamten zivilisierten Welt“, schrieb Wladimir Iljitsch Lenin über Friedrich Engels.