Angesichts der neuerlichen Versuche zur Diskreditierung Russlands und seiner Geschichte, indem die NATO-Propaganda jetzt ganz offen auf die alten, abgestandenen und schon so oft widerlegten Lügenmärchen aus der Goebbels-Küche zurückgreift, wie die ungeheuerliche Behauptung, die Sowjetunion hätte Ende der 20er / Anfang 30er Jahre einen „Genozid“ an der Bevölkerung der Ukraine begangen, soll hier die Entwicklung der sozialistischen Industrialisierung der Sowjetunion erläutert werden. Allein ihre Beschreibung in all ihren politischen und ökonomischen Dimensionen macht klar, wie absurd derartige Behauptungen waren, die seinerzeit von den Nazis in die Welt gesetzt wurden und heute zum Gegenstand einer gemeinsamen Resolution der Regierungsparteien im Deutschen Bundestag gemacht wurden. Eine genaue Betrachtung der wirklichen Vorgänge in der noch jungen Sowjetunion verdeutlicht aber auch, warum die Nazis, als aggressivste Speerspitze der reaktionärsten Kreise des internationalen Finanzkapitals derartige Lügengeschichten in die Welt gesetzt haben, die heute durch die NATO-Staaten zur allein gültigen Wahrheit verklärt werden.
Und eine Beschäftigung mit der sozialistischen Industrialiserung der UdSSR erklärt auch, warum die heutigen Kettenhunde der NATO in Kiew, in ihrer maßlosen, antirussischen Kriegsrethorik, so viel Wert auf ihre auf plumper antibolschewistischer Nazipropaganda beruhenden Erzählung vom „russisch-bolschewistischen Völkermord“ legen. Geht es doch dem Imperialismus bei seinem Krieg gegen Russland immer noch um die gleichen Ziele, für die seinerzeit auch Hitler zuvor ganz Europa unterworfen hatte, um auf der Basis seiner Ressourcen mit einem Millionenheer nach Russland einzufallen um es zu vernichten und damit nicht nur die Resultate der Okroberrevolution von 1917 rückgängig zu machen, sondern auch die Quelle der sozialistischen Revolution, das russische Volk, durch seine Vernichtung ein für alle mal zum Versiegen zu bringen. Wenn die heutige Außenministerin der Bundesrepublik Deutschland vor aller Welt erklärt „Wir wollen Russland ruinieren“, übernimmt sie wortgetreu die Ankündigung Hitlers, der dieser Drohung noch den Nachsatz anhängte: „… so dass es sich nie wieder erheben kann!“- Das ist Kern und Inhalt der heutigen Politik der NATO-Staaten gegen Russland und des Antrags der Regierungsparteien, der heute im Bundestag mehrheitlich verabschiedet worden ist.
Es ist die Angst vor dem, was in Russland im Oktober 1917 seinen Anfang nahm, die sie umtreibt, weil der Kanonendonner der AURORA ihnen das Ende ihrer Macht signalisierte. Seitdem stemmen sie sich nun gegen dieses unabwendbare Schicksal ihres Untergangs, indem sie auch nicht vor den grausamsten Verbrechen zurückschrecken, wie dem industriell organisierten Völkermord an den Juden durch die deutschen Nazis, die, als antibolschewistische Speerspitze des Weltimperialismus, allein in der Sowjetunion 27 Millionen Weltkriegstote hinterließen, während deren bürgerlich-westlichen Partner und Förderer Atombomben über Hiroshima und Nagasaki abwarfen und später grausame Vernichtungskriege gegen das koreanische Volk führten, Vietnam mit Bombenteppichen und Napalm-Gift „in die Steinzeit zurückbomben“ wollten und rund um den Globus keine Grausamkeit ausließen, die man sich vorstellen könnte.
SIE SIND ES, die heute Russland anklagen, in den 30er Jahren etwas begangen zu haben, das allein imperialistischer Phantasie entspringt, die derartige Verbrechen seit Jahrhunderten hervorbringt, während sie schon allein dem russichen Volkscharakter an sich völlig widerspricht, als auch, erst recht in der Phase der sozialistischen Industrialisierung der Sowjetunion, irgendeinen Sinn ergeben würde. Schließlich war die Ukraine selbst ein Teil der Sowjetunion, in deren Regionen und Städten damals die modernsten Industrieanlagen, Kraftwerke und Fabriken errichtet wurden, um den Volkswohlstand zu erhöhen – aber doch nicht um die Ukrainer auszurotten, wie es sich die imperialistische Logik der Nazis zum Ziel gesetzt hatte.
Wie absurd so etwas überhaupt in die Welt zu setzen. Aber fangen wir von vorne an. Wie war die Lage im Nachkriegseuropa, nachdem eine revolutionäre Welle von Russland ausgehend etliche gekrönte Häupter zu Fall brachte und das bewaffnete Proletariat in mehreren europäischen Ländern mit der Bildung von Arbeiter- Bauern- und Soldatenräten, nach russischem Vorbild an die Pforten der Zitadellen der bürgerlichen Macht geklopft hatten und mit dem europäschen Bürgertum auch die Wurzeln der imperialistischen Kriegstreiberei ausreißen wollten um ihre eigene, die Arbeitermacht zu errichten.
Der Kurs auf die sozialistische Industrialisierung.
Die Festigung der internationalen Lage der Sowjetrepublik
Nach der lang anhaltenden revolutionären Krise der Nachkriegszeit trat der Weltkapitalismus in eine Periode der zeitweiligen, teilweisen Stabilisierung. Die Niederlage der revolutionären Bewegung von 1923 führte in Deutschland, Bulgarien und in anderen Ländern zu einer kolossalen Verstärkung der Reaktion. Die Revolution in Westeuropa ebbte zeitweilig ab, und es trat eine teilweise Festigung der Positionen des Kapitalismus ein. Die teilweise Stabilisierung des Kapitalismus führte zur Verschärfung der Gegensätze zwischen den einzelnen kapitalistischen Ländern sowie zwischen den Arbeitern und Kapitalisten in den einzelnen Ländern. Bei den proletarischen Massen der kapitalistischen Länder verstärkte sich das Streben nach der Einheitsfront gegen die Offensive des Kapitals. Immer mehr ausländische Arbeiterdelegationen besuchten die UdSSR.
Genosse Stalin sagte damals: „Auf dem einen Pol stabilisiert sich der Kapitalismus, indem er seine gegenwärtigen Stellungen festigt und sich weiterentwickelt. Auf dem anderen Pol stabilisiert sich die Sowjetordnung, festigt ihre eroberten Positionen und schreitet vorwärts auf dem Wege zum Sieg. Wer wen – das ist der springende Punkt.“ (J. Stalin, Werke, Bd.7, S. 95 russ.)
Die Erfolge der Arbeiterklasse der UdSSR an der Wirtschaftsfront stärkten und befestigten die internationale Position des Sowjetstaates.
Im Jahre 1924 und zu Beginn des Jahres 1925 wurde die Sowjetunion von England, Frankreich, Italien, Japan und vielen anderen bürgerlichen Staaten anerkannt. Als im Sommer 1924 ein „Generalvertrag zwischen Großbritannien und der UdSSR“ unterzeichnet wurde, erhob die englische reaktionäre Bourgeoisie ein wüstes Geschrei und behauptete, England habe vor dem Bolschewismus kapituliert.
Das Programm des Aufbaus des Sozialismus in der UdSSR
Die Wiederherstellung der Volkswirtschaft der UdSSR näherte sich ihrem Abschluss. Im Jahre 1925/26 erreichte die Landwirtschaft der UdSSR bereits den Vorkriegsstand und lieferte 103 Prozent der Vorkriegsproduktion. Bezüglich der Produktionsmenge näherte sich die Industrie ebenfalls dem Vorkriegsniveau. Aber für das Land der Sowjets, das Land des Aufbaus des Sozialismus, war eine einfache Wiederherstellung der Wirtschaft, die einfache Erreichung des Vorkriegsniveaus ungenügend, denn dieses Niveau war das Niveau eines rückständigen, bettelarmen Landes. Man musste weiter schreiten.
Ende April 1925 fasste die XIV. Parteikonferenz aufgrund der Hinweise Lenins, wonach der Sieg des Sozialismus in einem Lande möglich ist, den Beschluss, dass die Partei „alle Kräfte anspannen muss zum Aufbau der sozialistischen Gesellschaft, in der festen Überzeugung, dass dieser Aufbau siegreich sein kann und wird, wenn es gelingt, das Land gegen alle Versuche der Restauration zu verteidigen“.
Genosse Stalin wies bei der Begründung des Leitsatzes Lenins über die Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in der UdSSR wiederholt darauf hin, dass man die beiden Seiten dieser Frage, die innere und die internationale, voneinander unterscheiden müsse.
Was die innere Seite der Frage betrifft, d. h. die Beziehungen zwischen den Klassen innerhalb des Landes, so ist alles Notwendige für die Errichtung der vollendeten sozialistischen Gesellschaft in der UdSSR vorhanden. Die Arbeiterklasse, die ihre politische Diktatur errichtet, die den Grund und Boden, die Fabriken, die Werke, die Banken und die Verkehrsmittel in das Gemeineigentum des Volkes übergeführt hatte, konnte nunmehr den Aufbau der sozialistischen Wirtschaft entfalten und, gestützt auf das Bündnis mit der Bauernschaft, dem Kapitalismus im Lande in ökonomischer Beziehung den Todesstoß versetzen.
Die Frage des Sieges des Sozialismus hat jedoch noch eine internationale Seite. Diese besteht darin, dass die UdSSR vorläufig das einzige Land des Sozialismus ist. Rings um die UdSSR bestehen weiter kapitalistische Länder, und dieser Umstand lässt die Gefahr einer kapitalistischen Intervention aufkommen. Eine völlige Garantie vor der Intervention konnte nur der Sieg des Sozialismus im internationalen Maßstabe darstellen. Somit ist der endgültige Sieg des Sozialismus im Sinne der Garantie vor einer Intervention nur als Ergebnis einer siegreichen proletarischen Revolution mindestens in einigen Ländern möglich. Bei einer Verzögerung der Weltrevolution konnte das Proletariat der UdSSR die wirtschaftliche und technische Rückständigkeit nur aus eigenen inneren Kräften und Mitteln überwinden und die Unabhängigkeit des Sowjetlandes sichern, indem es die Schaffung der industriellen Basis des Sozialismus sicherstellt und die sozialistische Rekonstruktion der Volkswirtschaft durchführt.
Die XIV. Parteikonferenz verurteilte entschieden die trotzkistische Theorie von der Unmöglichkeit des Sieges des Sozialismus in der UdSSR und appellierte an die Arbeiterklasse, alle Kräfte einzusetzen, um diesen Sieg zu gewährleisten. Im Mai 1925 begründete und entwickelte Genosse Stalin in seinem Bericht über die Ergebnisse der XIV. Parteikonferenz die Leninsche Lehre von der Möglichkeit des Sieges des Sozialismus und formulierte das Programm des Aufbaus des Sozialismus in folgenden knappen Worten: „Wir brauchen 15–20 millionen Industrieproletarier, die Elektrifizierung der wichtigsten Gebiete unseres Landes, eine genossenschaftliche Organisierung der Landwirtschaft und eine hoch entwickelte Metallindustrie. Und dann werden wir uns vor keiner Gefahr zu fürchten haben. Dann werden wir auch im internationalen Maßstabe siegen.“ (J. Stalin, Werke, Bd. 7, S. 132).
Die Beschlüsse der XIV. Parteikonferenz lagen den Arbeiten des III. Sowjetkongresses der UdSSR zugrunde, der am 13. Mai 1925 eröffnet wurde. Der Kongress nahm folgende Berichte entgegen: über die Lage in der Industrie, über die Maßnahmen zur Hebung und Festigung der Bauernwirtschaft, über das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen, über den Sowjetaufbau und über die Rote Armee. Der Kongress beschloss eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeit der Sowjets. Auf dem Kongress wurde ferner beschlossen, die beiden neuen Unionsrepubliken, die Turkmenische SSR und die Usbekische SSR, in die UdSSR aufzunehmen. In dem diesbezüglichen Beschluss wurde hervorgehoben, dass „der Beitritt dieser Republiken zur Union der SSR einen neuen Beweis dafür bietet, dass die Union der SSR tatsächlich eine freiwillige Vereinigung gleichberechtigter Völker und der zuverlässige Hort der ehedem unterdrückten Völker ist“ (Beschlüsse und Resolutionen der Sowjetkongresse der UdSSR, S. 78 russ.).
Besondere Aufmerksamkeit widmete der Kongress dem Ausbau der Wehrkraft des Landes und der Roten Armee. In der Resolution des III. Sowjetkongresses zum Bericht M.W. Frunses wurde hervorgehoben, dass sich die internationale Position der UdSSR im Allgemeinen gestärkt hat; die Resolution enthielt weiter folgende Feststellung: „Der III. Sowjetkongress der UdSSR hält es für notwendig, die Werktätigen der Sowjetunion und der ganzen Welt darauf zu verweisen, dass, ungeachtet der Bemühungen der Arbeiter- und Bauernregierung, ungeachtet der bereits mit einer ganzen Reihe von Staaten abgeschlossenen Verträge und Übereinkommen, dennoch keine Garantie besteht, dass die Sowjetunion vor Versuchen des Weltkapitals, die friedliche Arbeit der Arbeiter und Bauern zu stören, bewahrt bleibt.“ (Beschlüsse und Resolutionen der Sowjetkongresse der UdSSR, S. 82 russ.)
Der Kongress billigte die vom Volkskommissariat für Kriegs- und Marinewesen durchgeführte Heeresreform, die zur weiteren Stärkung der Wehrfähigkeit der Roten Armee und der Roten Flotte beitrug.
Im Beschluss zum Bericht des Genossen Frunse wurde die Regierung beauftragt, die Stärkung der Wehrkraft auf folgendem Wege zu erreichen:
„a) Durch eine entsprechende Erweiterung der Kriegsindustrie und eine derartige Planung der übrigen staatlichen Industrie der UdSSR, die schon in Friedenszeiten die Kriegsbedürfnisse berücksichtigt;
b) durch Vervollkommnung der Waffen und des Materials und durch beste Ausrüstung der Roten Armee;
c) durch eine entsprechende Verbesserung und Vorbereitung des Verkehrsnetzes – der Eisenbahn, des Güter- und Kraftwagenverkehrs;
d) durch die Entwicklung aller Zweige des Verbindungswesens;
e) durch die Entwicklung der Pferdezucht, nicht nur für die Bedürfnisse der Landwirtschaft, sondern auch für die Erfordernisse der Roten Armee, namentlich ihrer Kavallerie;
f) durch besondere Aufmerksamkeit für die militärische Ausbildung; der ganzen Bevölkerung.“ (Beschlüsse und Resolutionen der Sowjetkongresse der UdSSR, S. 83 russ.)
Die Beschlüsse des III. Sowjetkongresses zum Bericht des Genossen Frunse waren für das weitere Wachstum der Wehrkraft der Union der SSR von großer Bedeutung. Aber Genosse Frunse konnte den geplanten militärischen Aufbau nicht mehr selbst zu Ende führen. Er starb am 31. Oktober 1925. Sein Tod bedeutete für die Partei und das Sowjetvolk einen schweren Verlust. Nach dem Tode des Genossen Frunse wurde K.E. Woroschilow, der Held des Bürgerkrieges und Kampfgefährte der Genossen Stalin und Frunse, zum Volkskommissar für Kriegs- und Marinewesen ernannt.
Im Dezember 1925 trat der XIV. Parteitag zusammen. Als die dringendste Aufgabe der Partei bezeichnete Genosse Stalin in seinem Bericht die Aufgabe, das Sowjetland aus einem Agrarland in ein Industrieland zu verwandeln. Der Parteitag billigte den Vorschlag des Genossen Stalin. Im Beschluss des Parteitages heißt es: „Zur Gewährleistung der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Landes, damit die UdSSR nicht ein Anhängsel der kapitalistischen Weltwirtschaft wird, ist der Kurs auf die Industrialisierung des Landes, auf die Entwicklung der Produktion von Produktionsmitteln zu nehmen…“
Der XIV. Parteitag ist in die Geschichte der Partei und in die Geschichte des Sowjetlandes als der Parteitag der Industrialisierung eingegangen. Im Zusammenhang mit der Bildung der Union der SSR beschloss der Parteitag, die Kommunistische Partei Russlands (Bolschewiki) in Kommunistische Partei der Sowjetunion (Bolschewiki) umzubenennen.
Indem der Parteitag festen Kurs auf die Industrialisierung nahm, entlarvte er die bürgerlichen Anschauungen der sogenannten „neuen Opposition“, die die Partei und die Arbeiterklasse rückwärts auf den Weg der Wiederherstellung des Kapitalismus zerrten. Die Sinowjewleute brachten ihre Delegierten zum Parteitag nur mithilfe eines Betruges durch (sie hatten auf der Leningrader Parteikonferenz, die dem Parteitag voranging, in doppelzüngiger Weise für die Parteilinie gestimmt). Der Parteitag beschloss, eine Gruppe von Parteitagsdelegierten, nämlich die Genossen Molotow, Kirow, Woroschilow, Kalinin, Andrejew und andere, nach Leningrad zu entsenden, wo sie der Leningrader Parteiorganisation die Wahrheit über die doppelzüngige Haltung ihrer Delegation auf dem Parteitag berichten sollten.
Die Außerordentliche Leningrader Parteikonferenz verurteilte einstimmig die doppelzüngige Sinowjewgruppe und wählte ein neues Gebietsparteikomitee Leningrads, an dessen Spitze S.M. Kirow trat. Unter seiner Leitung entfalteten die Leningrader Bolschewiki den Kampf für die sozialistische Industrialisierung.
Die Schwierigkeiten und die Erfolge der sozialistischen Industrialisierung.
Die UdSSR wird ein Industrieland
In der Wiederherstellungsperiode hatte die Aufgabe darin bestanden, die Landwirtschaft zu heben und die vorhandenen Werke und Fabriken wieder in Gang zu bringen. Aber das waren alte Betriebe mit einer rückständigen technischen Ausrüstung. Nun galt es, diese Betriebe mit modernen Maschinen neu auszurüsten.
In der Wiederherstellungsperiode war hauptsächlich die Leichtindustrie entwickelt worden. Jetzt hatte man die Aufgabe, die Schwerindustrie auszubauen, ohne die weder die Leichtindustrie noch die Landwirtschaft weiterentwickelt werden konnten. Es war notwendig, eine Anzahl neuer Fabriken zu errichten und neue Industriezweige aufzubauen, die es im zaristischen Russland überhaupt nicht gegeben hatte: Maschinenbaufabriken, Werkzeugmaschinenfabriken, Automobilbetriebe, chemische Fabriken, Flugzeug- und Traktorenwerke, eine neue Verteidigungsindustrie usw. Auf der Tagesordnung stand die sozialistische Industrialisierung des Landes.
Der Bau von Industriebetrieben erforderte riesige Geldmittel. Die kapitalistischen Länder entwickelten ihre Industrie gewöhnlich durch den Zufluss von Mitteln aus ausländischen Quellen: durch Ausplünderung der Kolonien, durch Eroberungskriege, durch Auslandskredite und Auslandsanleihen sowie auf Kosten der Ausbeutung der eigenen Arbeiter und Bauern. Für die Industrialisierung des Landes des Sozialismus waren alle diese Quellen der Akkumulation prinzipiell unannehmbar. Für den proletarischen Staat gab es nur einen Weg, den Weg der sozialistischen Akkumulation aus eigenen Einkünften und Ersparnissen, den Weg der Industrialisierung auf Kosten der im Land aufgebrachten Mittel. Die wichtigste Quelle für die Akkumulation bildeten die Einkünfte der nationalisierten Industrie, des staatlichen Handels sowie die Umsatzmittel der Kreditanstalten und Sparkassen. Die Kampflosung des Sparregimes wurde von den breiten werktätigen Massen aufgegriffen. Es verstärkte sich der Kampf gegen die unproduktive Verausgabung staatlicher und öffentlicher Geldmittel. Zugleich duldete die Sowjetregierung jedoch keinerlei Einschränkungen der Ausgaben für den Arbeitsschutz und verbot, das Sparregime auf Kosten der Arbeiter durchzuführen.
In den kapitalistischen Ländern beginnt die Industrialisierung gewöhnlich mit der Entwicklung der Leichtindustrie. Erst nachdem die Leichtindustrie die erforderlichen Geldmittel angesammelt hat, beginnt die Entwicklung der Schwerindustrie. Ein solcher Prozess erfordert viel Zeit, und deshalb konnte die Kommunistische Partei diesen Weg nicht gehen. „Darum hat die Kommunistische Partei unseres Landes den ‚üblichen Weg‘ der Industrialisierung verworfen und die Industrialisierung des Landes mit der Entwicklung der Schwerindustrie begonnen.“ (Stalin, Rede in der Wählerversammlung des Stalin-Wahlkreises der Stadt Moskau am 9. Februar 1946.)
Bereits das erste Jahr des Industrialisierungskurses der Partei zeitigte positive Resultate. Der Getreidebeschaffungsplan 1926 wurde rechtzeitig erfüllt, und die Getreidepreise auf dem freien Markt gingen zurück. Der Kurs des Tscherwonez blieb stabil. Die Handelsumsätze stiegen. Die Großindustrie erfüllte ebenfalls ihren Jahresplan und erzielte eine Produktionssteigerung um 40 Prozent. Die Produktion der Schwerindustrie stieg fast um 50 Prozent. Besonders rasch entwickelte sich die Metallindustrie: 1924 betrug ihre Produktion kaum die Hälfte des Vorkriegsstandes, 1926 hatte sie bereits den Stand der Metallerzeugung und -verarbeitung von 1913 übertroffen.
Für die Neuausrüstung der alten Betriebe und für den Bau neuer Betriebe wurden 811 Millionen Rubel (gegenüber 385 Millionen Rubel im Vorjahr) ausgegeben.
Alte, stillliegende Unternehmen wurden in Gang gebracht. Neue, unter der Sowjetmacht erbaute Fabriken wurden in Betrieb genommen. Im Frühjahr 1925 wurde der erste Hochofen des größten Hüttenwerks im Süden der Sowjetunion, in Dnjepropetrowsk, angeblasen, das seit 1917 nicht in Betrieb gewesen war. Einen Monat später wurde das Kupferwerk in Karabasch (im Ural) eröffnet. Anfang Dezember 1925 lieferte das in der Nähe von Moskau erbaute Schatura-Kraftwerk, das größte mit Torffeuerung arbeitende Elektrizitätswerk der Welt, den ersten Strom. Im Jahre 1926 wurden zur 1.-Mai-Feier zwei große Wasserkraftwerke, in Taschkent und Erewan, in Betrieb genommen.
Im Juli 1926 wurde in der UdSSR die erste elektrische Bahnstrecke, zwischen Baku und dem Erdölrevier Sabuntschi, dem Verkehr übergeben; um diese Zeit erfolgte auch die feierliche Grundsteinlegung für den Bau der Stalingrader Traktorenwerke.
Das kolossale Wachstum der Aktivität und der schöpferischen Initiative der Massen unter Leitung der Partei führte die UdSSR zu raschen wirtschaftlichen Erfolgen. Im September 1926 hatte die Produktion der Sowjetindustrie zum ersten Mal das Vorkriegsniveau überschritten. Zu Beginn des neuen Wirtschaftsjahres 1926/27 erzeugte die Industrie der UdSSR schon mehr, als das zaristische Russland in der Blütezeit seiner wirtschaftlichen Entwicklung, im Jahre 1913, erzeugt hatte. Die landwirtschaftliche Produktion und das Volkseinkommen des Sowjetlandes erreichten das Vorkriegsniveau.
Zum zehnten Jahrestag des Bestehens des Sowjetstaates hatte die sozialistische Industrialisierung bereits bedeutende Ergebnisse gezeitigt. Über 1 Milliarde Rubel war in industriellen Großbauten investiert. Eine Reihe neuer Großbetriebe nahm die Produktion auf, und zu gleicher Zeit wurde mit dem Bau neuer Giganten der sozialistischen Industrie begonnen. Im Dezember 1926 fand die feierliche Eröffnung des Wolchow Kraftwerks, des Erstlings des sowjetischen Elektrifizierungsplans, statt. Mit dem Bau dieses Kraftwerks war auf Vorschlag Lenins noch im Jahr 1918 begonnen worden. Im Jahre 1927 wurde in Transkaukasien ein Wasserkraftwerk eröffnet, das Tbilissi, die Hauptstadt Sowjetgeorgiens, mit Strom versorgte; im selben Jahre stellte das Werk „Krassny Putilowez“ die ersten 21 Traktoren her und das Moskauer Automobilwerk „AMO“ (das spätere „Stalin“-Werk) die ersten 10 Lastkraftwagen. Ebenfalls im Jahre 1927 wurde in den wasserlosen Steppen Kasachstans der Bau der Turkestan-Sibirischen Eisenbahn in Angriff genommen, die Sibirien mit Mittelasien verbinden sollte. So ging im ganzen Lande in angespannter Arbeit der Bau neuer Fabriken, Werke, Gruben, Kraftwerke und Eisenbahnen vor sich:
Der Anteil der Industrie an der Volkswirtschaft war auf 42 Prozent gestiegen und erreichte das Niveau der Vorkriegszeit. In noch schnellerem Tempo wuchs die sozialistische Großindustrie, die gegenüber dem Vorjahre eine Produktionssteigerung um 18 Prozent aufwies. Das war eine Rekordziffer der Produktionssteigerung, wie sie die Großindustrie der fortgeschrittensten Länder des Kapitalismus sogar in den Jahren ihrer höchsten Entwicklung nicht gekannt hat.
Auf Beschluss der Jubiläumstagung des ZEK der UdSSR anlässlich des zehnten Jahrestages des Sieges der Oktoberrevolution wurde in den Betrieben der siebenstündige Arbeitstag eingeführt.
Die Erfolge der Industrialisierung in den nationalen Republiken
Die nationalen Republiken hatten dank der freigebigen Hilfe durch das russische Volk beträchtliche Erfolge aufzuweisen. In der Ukrainischen SSR wurde die Großindustrie rasch wiederhergestellt. Die Landwirtschaft war erstarkt, die nationale Kultur gewachsen. 2 Millionen Kindern wurde der Schulunterricht in ukrainischer Sprache erteilt. Innerhalb von zwei Jahren wurden mehr ukrainische Bücher herausgegeben als im ganzen Jahrhundert vor der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution.
Die Belorussische SSR war im gleichen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung begriffen. Vor der Oktoberrevolution hatte es in Belorussland kein einziges Technikum und keine Hochschule gegeben. 1927 hatte Belorussland bereits 4 Hochschulen und 30 technische Mittelschulen. Der Schulunterricht erfolgte in der Muttersprache. Die jüdische Sprache wurde in der BSSR zur gleichberechtigten Sprache erklärt. Mehr als 100000 werktätige Juden arbeiteten in der Industrie und der Landwirtschaft. Diese Erfolge waren das Ergebnis der Realisierung des Kurses auf die Industrialisierung der früher rückständigen nationalen Gebiete.
Auch in den Transkaukasischen Republiken ging der Aufbau des Sozialismus erfolgreich vonstatten. In Transkaukasien mit seinen vielen Völkerschaften, die in Eintracht und gemeinsamer Arbeit ihre Wirtschaft umbauten, war der nationale Frieden eingekehrt, den diese Völker früher niemals gekannt hatten.
In den Jahren 1925–1927 wurde in den jungen Republiken Mittelasiens erfolgreich eine Reform der Boden- und Wasserversorgung durchgeführt. Diese Reform führte zur Vernichtung der Überreste der Feudalverhältnisse in der Nutzung des Bodens und des Wassers und zur Entwicklung der bäuerlichen Wirtschaft. Diese wurde die Hauptlieferantin der sowjetischen Baumwolle für die Textilindustrie der UdSSR. Über 100000 landlose bzw. landarme Bauernfamilien erhielten 300000 Hektar Boden, der den Gutsbesitzern und Beis (Kulaken) abgenommen worden war.
Eine Provokation seitens der Imperialisten und ihrer trotzkistischen Agentur
Die sozialistische Industrialisierung stieß auf den Widerstand der kapitalistischen Elemente im Lande, die von den ausländischen Staaten unterstützt wurden. Die Imperialisten versuchten, die UdSSR in einen neuen Krieg zu verwickeln, um so die sozialistische Industrialisierung der UdSSR zu vereiteln oder zumindest zu hemmen.
Im Februar 1927 forderte der englische Außenminister Austin Chamberlain von der Regierung der UdSSR in einer Note die Einstellung der antibritischen Propaganda und drohte mit der Kündigung des Handelsabkommens und dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zur UdSSR. Zur gleichen Zeit unternahmen die chinesischen Militaristen einen räuberischen Überfall auf die Gesandtschaft der UdSSR in Peiping (Peking). Im Mai verübte die englische Polizei einen Überfall auf die sowjetischen Handelsgesellschaften in London. Die Sowjetregierung beantwortete diese grobe Verletzung des Handelsabkommens, indem sie ihre Bestellungen in England einstellte. Darauf brach Chamberlain die diplomatischen Beziehungen zur UdSSR ab. Er rechnete darauf, dass dies den Abbruch der Beziehungen zwischen den anderen kapitalistischen Ländern und der Sowjetunion nach sich ziehen und die UdSSR isolieren werde.
Als Antwort auf die Kriegsprovokation und den Versuch, über die UdSSR eine Wirtschaftsblockade zu verhängen, wandten sich die Arbeiter an die Sowjetregierung mit dem Ersuchen, eine Anleihe aufzulegen. Die erste Industrialisierungsanleihe in Höhe von 200 millionen Rubel wurde in aller kürzester Frist gezeichnet.
Der Aufruf des im Januar 1927 gegründeten Luftflottenvereins „Ossoaviachim“ zu einer Geldsammlung für den Fonds „Unsere Antwort an Chamberlain“, der zur Erbauung eines Flugzeug-Geschwaders der Roten Luftflotte dienen sollte, fand in den breiten Massen wärmsten Widerhall.
Die Imperialisten setzten jedoch die Provokationen fort. Am 7. Juli 1927 wurde in Warschau der Sowjetgesandte Wojkow von einem Weißgardisten ermordet. Die polnischen Machthaber nahmen den Mörder unter ihren Schutz.
Auf dem Territorium der UdSSR bereiteten Agenten der Imperialisten eine Reihe von Anschlägen auf führende Partei- und Sowjetfunktionäre vor. In einigen Betrieben und Militärdepots wurden Brandstiftungen verübt.
Die Verschärfung des Klassenkampfes im Lande und die Verschlechterung der Beziehungen zwischen der UdSSR und den kapitalistischen Staaten spiegelten sich auch in den neuen Angriffen der Trotzkisten auf die Generallinie der Partei wider. Im Jahre 1926 bildete sich aus den Überresten aller zerschlagenen Fraktionsgruppen der sogenannte „Oppositionsblock“, dessen Leiter, Trotzki, seit 1926 Geheimagent des englischen Intelligence Service geworden war.
Um das Bündnis der Arbeiterklasse mit der Hauptmasse der Bauernschaft zu sprengen, forderten die Feinde der proletarischen Diktatur eine neue Besteuerung des Mittelbauern. Die trotzkistischen Provokateure suchten den Massen einzureden, dass es sich nicht lohne, die UdSSR zu verteidigen, da der Sieg des Sozialismus in der UdSSR angeblich ohnehin unmöglich sei,
Die Trotzkisten organisierten ihre illegale Partei für die kapitalistische Restaurierung. Sie hatten ihre eigenen führenden Zentren und geheime Druckereien. Sie schufen illegale antisowjetische Gruppen und zogen die aus der Partei verjagten Volksfeinde in ihre Reihen. Am zehnten Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution versuchten die Trotzkisten und die Sinowjewleute, auf den Straßen Moskaus und Leningrads eine sowjetfeindliche Paralleldemonstration zu organisieren. Im November 1927 verjagte die bolschewistische Partei die Verräter Trotzki und Sinowjew aus ihren Reihen.
Genosse Stalin charakterisierte die internationale Lage der UdSSR gegen Ende 1927 folgendermaßen: „Die Verstärkung der Interventionstendenzen im Lager der Imperialisten und die Gefahr eines Krieges (gegen die Sowjetunion) ist eine der Haupterscheinungen der jetzigen Lage.“ (Lenin und Stalin, Sammelband III, S. 226 russ.)
Die Regierung und die Partei wandten sich an die Arbeiter und alle Werktätigen mit dem Appell, die Wachsamkeit zu steigern und mit allen Kräften gegen die Feinde der proletarischen Diktatur zu kämpfen. Im Jahre 1927 wurde im ganzen Lande eine „Verteidigungswoche“ veranstaltet, die unter der Losung „Im Kampfe für den Frieden stärkt die Verteidigung des Sowjetlandes!“ durchgeführt wurde. Die Arbeiterklasse demonstrierte ihre Bereitschaft, die sozialistische Heimat zu verteidigen. In den kapitalistischen Ländern Europas organisierten die Werktätigen ebenfalls Massendemonstrationen und Protestmeetings gegen die Interventionsvorbereitungen.
Die Sowjetregierung entlarvte die feindlichen Pläne der Imperialisten und betrieb unbeirrt ihre Friedenspolitik, die zur Verbesserung der Beziehungen zu einer Reihe kapitalistischer Länder führte. Im Herbst 1927 wurden ein Handelsvertrag mit Lettland, ein Neutralitätsvertrag und ein Handelsabkommen mit Iran, ein Fischereiabkommen mit Japan bezüglich des Fischfanges in Sowjetgewässern sowie einige Konzessionsverträge abgeschlossen. Im Jahre 1927 festigten sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der UdSSR und den kapitalistischen Ländern.
Ständigen Provokationen und Kriegsdrohungen ausgesetzt, bewahrte die Sowjetregierung die Ruhe und die feste Entschlossenheit, unentwegt für die Sache des Friedens zu kämpfen.
Zitiert aus: „Geschichte der UdSSR“ Moskau 1950 – Verlag für fremdsprachige Literatur.