Vor 155 Jahren, am 28. März 1868, wurde Maxim Gorki unter dem Namen Alexei Maximowitsch Peschkow in Nischni Nowgorod geboren. Er zählt als Prosaist und Dramatiker zu den großen proletarischen Schriftstellern des zwanzigsten Jahrhunderts und als Begründer der Literatur des sozialistischen Realismus.
Alexei Peschkow wuchs in ärmsten Verhältnissen auf, in einer Zeit, in der das Elend der Massen in Russland zu einem wichtigen Thema der literarischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung geworden war. Sein Großvater war Wolgatreidler, sein Vater Tischler. Nach dem frühen Tod des Vaters kam der junge Alexei mit seiner Mutter bei den Großeltern unter. Körperliche Gewalt innerhalb der Familie war nichts Außergewöhnliches. Als er zehn war, starb die Mutter an Tuberkulose, und der Großvater nahm ihn nach nur drei Jahren von der Schule.
Von nun an musste Peschkow selbst Geld verdienen, zunächst als Lumpensammler. Ehe er von seiner literarischen Tätigkeit leben konnte, arbeitete er unter anderem als Laufjunge, Küchenjunge, Vogelhändler, Verkäufer, Ikonenmaler, Schauermann, Bäckergeselle, Maurer, Nachtwächter, Eisenbahner und Rechtsanwaltsgehilfe.
In den späten 1880er Jahren kam er in Kasan, wo er sich erfolglos um eine Aufnahme an der Universität bemühte, erstmals mit der revolutionären Bewegung in Kontakt. Er arbeitete bei einem Bäcker, dessen Laden gleichzeitig Bibliothek eines marxistischen Geheimzirkels war. Peschkow las viel und eignete sich als Autodidakt ein umfassendes, aber unsystematisches Wissen an.
1889 wurde die zaristische Polizei wegen seiner rebellischen Kontakte erstmals auf Peschkow aufmerksam. Im selben Jahr legte er dem Schriftsteller Wladimir Korolenko ein Poem vor und erntete eine schonungslose Kritik. Er wandte sich vorläufig von der Literatur ab und zog zu Fuß durch Russland, die Ukraine und über den Kaukasus bis nach Tiflis. Dort kam er mit Revolutionären und Studenten in Kontakt, die ihn ermunterten, seine Erlebnisse literarisch festzuhalten. Seine erste Erzählung „Makar Tschudra“, die am 12. September 1892 in der Provinzzeitung Kawkas erschien, unterzeichnete Alexei Peschkow mit dem Pseudonym Maxim Gorki, übersetzt: „der Bittere“. Es war der Name, unter dem er in die Weltliteratur eingehen sollte.
„Ich habe die Wolga, den Don, die Ukraine, Süd-Bessarabien, die Krim und den Kaukasus besucht. Ich habe mich selbst ausgebildet. Ich habe an illegalen Volkskreisen teilgenommen…“ – So beschrieb Gorki selbst später diesen Abschnitt seines Lebens.
Gorki zog nach Samara, wo er auf Vermittlung Korolenkos eine Stelle als Journalist bei einer Provinzzeitung bekam, deren Korrektorin Jekaterina Pawlowna Wolschina er 1896 heiratete. 1897 wurden ihr Sohn Maxim Peschkow (1897–1934) und 1898 ihre Tochter Katja geboren, die fünfjährig an Meningitis starb. Nach dem Tode der Tochter trennte sich das Paar 1903.
1894 gelang ihm mit der Erzählung „Tschelkasch“ der Durchbruch als Schriftsteller. Auch die 1898 veröffentlichten „Skizzen und Erzählungen“ wurden ein großer Erfolg. 1901 verfasste er nach einer Demonstration in Sankt Petersburg, die durch das brutale Eingreifen der Polizei in einem Massaker endete, das „Lied vom Sturmvogel“. Der Sturm, von dem dieser Vogel mit „der Kraft des Zorns, der Flamme der Leidenschaft und der Gewissheit des Sieges“ kündete, wurde in revolutionären Kreisen als die Revolution aufgefasst und das Poem auf einschlägigen Versammlungen vorgetragen.
In den Jahren 1899-1900 lernte er Leo Tolstoi und A.P. Tschechow kennen. Nach dem Erfolg seiner Theaterstücke „Die Kleinbürger“ (1901) und „Nachtasyl“ (1902) war Gorki so populär, dass die verschiedenen Versuche des Regimes, gegen ihn vorzugehen, immer wieder Proteststürme auslösten. Gorki erhielt zum Beispiel Schlafverbot, was bedeutete, dass er nicht in Städten übernachten durfte.
Während einer Reise auf die Krim, wohin er wegen der Unterzeichnung eines Traktats gegen die offizielle Darstellung der erwähnten Demonstration verwiesen wurde, bereiteten ihm seine Freunde und Verehrer – unter ihnen Fjodor Schaljapin und Iwan Bunin – in Podolsk einen triumphalen Empfang.
Gegen den Beschluss des Zaren Nikolaus II., Gorkis Ernennung zum Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften rückgängig zu machen, protestierten unter anderem Anton Tschechow und Wladimir Korolenko. Nach seinem Protest gegen das Niedermetzeln unbewaffneter Zivilisten am so genannten „Petersburger Blutsonntag“ im Januar 1905 und seine Unterstützung einer Proklamation zum Sturz des Zaren, wurde er in der Peter-und-Pauls-Festung inhaftiert, aber, auch nach Protesten der ausländischen Presse, wieder freigelassen. Während der Festungshaft entstand sein Drama „Kinder der Sonne“.
Die Ergründung der gesellschaftlichen Ursachen der bestehenden Verhältnisse führte Maxim Gorki zum Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts, immer enger an den Marxismus heran. Er solidarisiert sich mit der Lenin-Richtung der Zeitung „Искра“ („Funke“) und nimmt an der revolutionären Bewegung teil.
Im Sommer 1905 trat er der Partei der Bolschewiki bei. Er nahm an der Organisation der ersten bolschewistischen legalen Zeitung „Новая Жизнь“ („Neues Leben“) teil, die von W.I. Lenin geleitet wurde. Am 27. November 1905 trafen sich Gorki und Lenin zum ersten Mal in St. Petersburg. In den Tagen des bewaffneten Aufstands im Dezember 1905 in Moskau versorgte Gorki die Arbeitergruppen mit Waffen und Geld.
Als das politische Klima wieder strenger wurde, ging er ins Ausland. In Frankreich agitierte er gegen eine Anleihe der westlichen Staaten an das nach dem Russisch-Japanischen Krieg geschwächte Russland. Als man die Anleihe doch gewährte, schrieb er das Pamphlet „Das schöne Frankreich“.
Im Jahr 1906 reiste Maxim Gorki im Auftrag der Partei illegal nach Amerika aus, wo er zur Unterstützung der Revolution in Russland agitierte. Während der Revolution von 1905-1907 schuf Gorki herausragende Werke des sozialistischen Realismus, darunter den Roman „Die Mutter“, in dem er zum ersten Mal in der Literatur den Kampf des revolutionären Proletariats, unter Führung seiner Partei, für den Sozialismus und die Geburt eines neuen Menschen in diesem Kampf, porträtierte. 1907 nahm er am 5. Parteitag in London teil.
Nach seiner offenen Agitation gegen die Anleihe war für Gorki eine Rückkehr nach Russland nicht möglich. Er verbrachte die Jahre 1907 bis 1913 auf der Insel Capri, wo er sich allerdings ausschließlich mit russischen und revolutionären Themen beschäftigte. Er gründete mit Lenins Unterstützung eine Schule für Revolutionäre und Propagandisten, empfing zahlreiche Besucher (wie zum Beispiel Rainer Maria Rilke, Sergei Rachmaninow und Alexei Nowikow-Priboj) und beantwortete unzählige Briefe von Bürgern aus Russland, die sich mit ihren Sorgen und Hoffnungen an ihn wandten.
In diese Zeit fiel Gorkis erste Auseinandersetzung mit Lenin. Gorki, für den die Religion immer eine wichtige Rolle gespielt hat, schloss sich den Theorien der „Gotterbauer“ um Alexander Bogdanow an, die Lenins Thesen als „Abweichung vom Marxismus“ verurteilten. Der Konflikt entspann sich vor allem um Gorkis Schrift „Eine Beichte“, in der er versuchte, Christentum und Marxismus zu versöhnen, und flammte 1913 erneut auf, als Gorki in einer Schrift gegen den „zersetzenden Geist Dostojewskis“ dafür plädierte, „die Gottsuche zeitweilig beiseite zu lassen“.
Während dieser Zeit entstanden die Stücke „Die Letzten“ (1908), „Wassa Schelesnowa“ (1910),
„Ein Sommer“ und „Das Städtchen Okurow“ (1909) und der Roman „Matwej Koschemjakin“ (1910 — 1911).
Eine Amnestie anlässlich des dreihundertjährigen Jubiläums des Hauses Romanow im Jahr 1913 ermöglichte Gorki, wieder nach Russland zurückzukehren. Er arbeitete jetzt in den bolschewistischen Zeitungen „Stern“ und „Prawda“ und für die Zeitschrift „Aufklärung“.
Die Februar-Revolution begrüßte Gorki begeistert. Er war Teil der „Sondersitzung für Kunst“ und war Vorsitzender der „Kommission für Kunstfragen“ beim Exekutivkomitee des Petrograder Rates der Arbeiter und Soldatenabgeordneten.
Während der Vorbereitung und Durchführung der sozialistischen Oktoberrevolution unterschätzte Gorki die organisatorische Kraft der Partei, des revolutionären Proletariats und der Möglichkeit seiner Vereinigung mit der Bauernschaft. Er fürchtete den Druck eines anarcho-individualistischen kleinbürgerlichen Elements. Eine Furcht, die sich im publizistischen Zyklus „Unzeitgemäße Gedanken“ widerspiegelte.
Diese Haltung von Gorki löste eine starke Kritik von Lenin aus, der Gorki half, Wege zu finden, seine Fehler in der revolutionären Realität zu überwinden. Später erkannte Gorki die Richtigkeit des Vorgehens der Bolschewiki mehrmals an.
In den Jahren 1918-1921 nahm der Schriftsteller aktiv am Aufbau der sozialistischen Kultur teil (Organisation des Verlags „Weltliteratur“, usw.). Während des Bürgerkriegs und der Zerstörung half Gorki beim Kampf gegen Hunger, Obdachlosigkeit, kümmerte sich um den Schutz von kunsthistorischen Werten, um das Leben von Wissenschaftlern. In publizistischen Artikeln von 1919-20 forderte er die fortgeschrittenen Kräfte der Welt auf, die Revolution zu verteidigen. Im Juli 1920 nahm Gorki am 2. Kongress der Komintern teil.
Im Herbst 1921 ging er auf Drängen Lenins wegen der Verschlimmerung des tuberkulösen Prozesses ins Ausland, um dort behandelt zu werden. Im April 1924 ließ er sich in Italien (Sorrent) nieder. Zu dieser Zeit schreibt Gorki sein autobiographisches Werk „Meine Universitäten“, das in Form einer Trilogie später in der UdSSR verfilmt wurde („Meine Kindheit“ und „Unter fremden Menschen“ waren bereits in den Jahren 1913 bis 1916 entstanden). Hier entstand auch der Roman „Das Werk der Artamonows“ (1925), „Erinnerungen an Lenin“ (1927) und er arbeitete an dem Buch „Das Leben des Klim Samgin“, das er bis zum Ende seines Lebens schrieb.
In den Jahren 1928-1929 ging Gorki schließlich wieder in die UdSSR und kehrte 1931 nach Moskau zurück. Maxim Gorki war 1934 Organisator und Vorsitzender des Ersten All-Unions-Kongresses sowjetischer Schriftsteller und förderte energisch die Entwicklung der Literatur der Völker der UdSSR.
Als Begründer der Literatur des „sozialistischen Realismus“, der als „der Realismus der Menschen“ von ihm definiert wurde, „die die Welt neu aufbauen… “ und als ihr Hauptmerkmal ihre Fähigkeit betrachtete, „die Realität in einer revolutionären Perspektive zu reflektieren und die Vergangenheit aus der Höhe der Ziele der Zukunft“ zu beschreiben, sah Gorki die Hauptaufgabe der sowjetischen Schriftsteller in der Erziehung eines „neuen, sozialistischen Menschen“.
Im Jahr 1932 wurde die Heimatstadt von Maxim Gorki, Nischni Nowgorod, anlässlich des 40. Jahrestages der literarischen Tätigkeit des Schriftstellers in Gorki umbenannt.
Maxim Gorki starb am 18. Juni 1936 in Gorki in der Nähe von Moskau. Er wurde am 20. Juni 1936 in Moskau auf dem Roten Platz an der Kremlmauer begraben.
Maxim Gorki über Lenin:
„Wladimir Iljitschs Tod, obwohl lange vorhergesagt, hat mich doch sehr getroffen“ schrieb Maxim Gorki an P.P. Krjutschkow und in einem Brief an seine zweite Frau M.F. Andrejewa bekannte er: „So heftig habe ich nicht einmal um Tolstoj getrauert /…/ Der Tod Iljitschs ist das größte Unglück Russlands in den letzten hundert Jahren“.
Das Gefühl der Trauer wechselte in Gorkis Gemütszustand mit dem Gefühl einer grenzenlosen Empörung, hervorgerufen durch die Reaktionen auf den Tod Lenins in der Öffentlichkeit, besonders in der Presse der russischen Emigranten: „Alles, was hier [in Westeuropa] über Lenin und über Russland geschrieben worden ist und geschrieben wird – ist ganz und gar unerträglich“, schrieb er an den Orientalisten S.F. Oldenburg am 12. Februar 1924.
In einem Brief an Rolland (am 3. März 1924), dem ersten nach Lenins Tod, schrieb er: „Er war ein Asket, ein keuscher Mensch, er verschwendete seinen Verstand für den Hass auf das Unglück des Lebens, für ein heimliches, tief in seiner Seele verborgenes Gefühl des Mitleids mit den Menschen. Ich weiß, dass er die Menschen liebte, nicht die Ideen, und Sie wissen, wie er Ideen brechen und zurechtbiegen konnte, wenn die Interessen des Volkes das erforderten…
Ich liebte ihn – und liebe ihn noch. Ich liebte ihn mit Zorn. Ich sprach mit ihm in aller Schärfe, ohne ihn zu schonen. Mit ihm, wie mit niemandem sonst, konnte man so sprechen; er verstand das, was hinter den Worten liegt, wie auch immer sie lauten./…/Tolstoj und er – das sind zwei große Menschen von monströsem Ausmaß, und ich bin stolz, dass ich sie gesehen habe. Russland wird noch einige Menschen von solcher Art hervorbringen, wenn nicht irgendwelche geheimen Kräfte des Schicksals Russland zum Untergang verurteilt haben“.